Junge Menschen übergeben Petition gegen Abgeordnetenpension vor dem Bundestag und fordern ein Ende des unsolidarischen Sondersystems der MdB
Rund 20 junge Aktivist:innen haben am Samstag, den 29.4.2023, vor dem Bundestag eine Petition übergeben, in der die Einbeziehung von Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung und somit eine Änderung von § 20 des Abgeordnetengesetzes gefordert wird. Dr. Sebastian Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen) nahm 50 Exemplare entgegen. In der Petition heißt es: „Die Forderung nach einer allgemeinen Erwerbstätigenversicherung existiert schon viele Jahre. Obwohl sich der Löwenanteil der Bevölkerung, viele Verbände und sogar die meisten der im Bundestag vertretenen Parteien (in ihren Wahlprogrammen) für dieses System aussprechen, wurde es bisher nicht umgesetzt. Aus Sicht der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (SRzG) ist die Einbeziehung der Abgeordneten des Bundestages der erste Schritt. Erst wenn die Gewählten und die Wählerschaft in ganz Deutschland im gleichen Boot sitzen, werden Gesetze beschlossen werden, die den dringenden Reformbedarf der Rentenversicherung anpacken.“
Die SRzG (kurz: Stiftung Generationengerechtigkeit), die zu der Aktion einlud, kritisiert seit längerem, dass das heutige Rentensystem weder sozial gerecht, noch generationengerecht, noch transparent ist. Aber die Reihenfolge der Reformen sei wichtig: die Abschaffung des Sondersystems der MdB sei der Schritt, der erst weitere Reformen ermöglichen wird. Wenn Regierende und Regierte in einem Boot sitzen, können dann gemeinsam die Herausforderungen des demografischen Wandels angegangen werden. Artikel 20 Abgeordnetengesetz sei mit einfacher Parlamentsmehrheit änderbar – die Mitglieder des Bundestags müssten es nur wollen.
Bei der Aktion vor dem Bundestag legten die jungen Menschen ihre Hoffnungen für ein besseres Renten- bzw. Pensionssystem (aber auch Gesundheits- und Pflegesystem) in einen Blumentopf mit einem jungen Gingko-Baum („Pflänzchen der Hoffnung“). Hier finden sich u.a. Zettel mit „Erwerbstätigenversicherung“, „mehr Transparenz“, „Krisenanerkennung und angemessene Reaktion“, „Lösungen zugunsten aller Generationen“ oder „parteiübergreifende Zusammenarbeit“.
Zudem wurde auch eine Urne befüllt. Die jungen Aktivist:innen warfen Zettel mit ihren Ängsten, die sie loswerden wollen, und den Ungerechtigkeiten, die sie abschaffen wollen, in diese Urne. Neben „Artikel 20 des Abgeordnetengesetzes“ wurden symbolisch beerdigt: „Herauszögern von Reformen“, „Verstärkung sozialer Ungleichheit“, „zu viele Wahlgeschenke“, „Demokratischer Sprengstoff“, „Kampf der Generationen“ – das sind einige der Botschaften.
Die Aktion ist Teil der Kampagne „Saturdays for Social Security“, mit der junge Menschen gegen die mangelnde Vorbereitung des Renten-, Gesundheits- und Pflegesystems auf den demografischen Wandel protestieren. Die Reformen, die heute verschoben werden, erfordern später eine umso radikalere Anpassung, was den heute jungen Kohorten später Spielräume und Handlungsfreiheit nehmen wird. Hier gibt es Parallelen zur Verzögerung von Reformen in Bezug auf die Klimakrise, die aber natürlich eine existenzielle und zudem globale Herausforderung ist. In Deutschland gefährdet der Renten- und Pensionseintritt der Babyboomer die Grundlagen des Generationenvertrags. Die Bundesregierungen haben es in den letzten Jahren nicht geschafft, ein Renten- und eine Pensionskonzept für die Jahre 2025-2060 vorzulegen, das generationengerecht und transparent ist.
Im Sommer 2021 hat sich eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten in einem gemeinsamen Vorstoß dafür ausgesprochen, den Sonderstatus der Abgeord¬neten bei der Altersvorsorge zu beenden. Dr. Carsten Linnemann (CDU), Ralf Kapschack (SPD), Johannes Vogel (FDP), Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) und Matthias W. Birkwald (Die Linke) schrieben:
„Wir, Abgeordnete der demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag, fordern den nächsten Bundestag auf, eine Reform der Altersversorgung für Bundestagsabgeordnete in Angriff zu nehmen. Die aktuelle Regelung der Altersentschädigung halten wir für nicht mehr zeitgemäß, sie trifft auf wenig Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung. (…) Wir sind uns einig, dass der Deutsche Bundestag zu Beginn der kommenden 20. Wahlperiode eine interfraktionelle Arbeitsgruppe einsetzen sollte, die einen Reformvorschlag erarbeitet.“
Die SRzG fordert die Abgeordneten auf, diesen Worten Taten folgen zu lassen. Angesichts des Wertes parlamentarischer Repräsentation muss eine Altersversorgung, die der Bedeutung eines derart hohen Amtes angemessen ist und gleichzeitig Versorgungslücken ausschließt, ausreichend großzügig (und im Bundestag höher als in den Landtagen) sein. Aber eine solche Altersversorgung sollte aus Rentenansprüchen und nicht aus Pensionsansprüchen bestehen.
Fernsehbeitrag von Plusminus „Rentensystem in Schieflage“ vom 24.05.2023:
https://www.ardmediathek.de/video/plusminus/rentensystem-in-schieflage/das-erste/Y3JpZDovL2Rhc2Vyc3RlLmRlL3BsdXNtaW51cy82OGY4MGE4NS0zMTA2LTRhNDUtOTMzYS1hZDA5ZWI4NzczZTI
Radiobeitrag des DLF zur Übergabe:
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/generationengerechtigkeit-mehr-solidarit%C3%A4t-in-sachen-rente
Dialog-Abend zum Thema „Altersvorsorge von Abgeordneten“ am Mi, 26.4.23 (19-21 Uhr) in Berlin
An den Abenden eines Walkshops finden traditionell 120-minütige Diskussionsveranstaltungen statt („Dialoge-Abende“). In diesem öffentlich zugänglichen Format treten die jungen TN mit eingeladenen Expert:innen in einen Dialog.
Am 26.4.23 fand sich eine illustre Runde in der Jugendherberge Ostkreuz ein:
• Matthias Birkwald, Mitglied des Bundestags, Die Linke
• Dr. Samuel Beuttler-Bohn, Sozialverband VdK
• Tobias Kohlstruck, Stiftung Marktwirtschaft (der für M. Mordhorst, MdB von der FDP, einsprang)
• Prof. Dr. Felix Welti (virtuell), Richter am Bundessozialgericht
Moderiert wurde die Runde von Jörg Tremmel, Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen.
Bevor die Diskussion begann, wurden das Fish-Bowl-Verfahren und der „Moment mal“- Einspruch erläutert. Bei diesem ruft man in die Runde, wenn man eine Verständnisfrage hat. Die Diskussion wird daraufhin umgehend unterbrochen, um die Frage zu beantworten. So wird gewährleistet, dass die Diskussion nicht über längere Phasen so «technisch» wird, dass das Publikum aussteigt.
Beim Fish-Bowl-Verfahren sitzen die Referent:innen an einem Tisch und die restlichen Teilnehmer:innen platzieren sich um den Tisch herum und verfolgen die Diskussion. Ein Stuhl am Referent:innen-Tisch bleibt leer. Dieser Stuhl ist für TN reserviert, wenn sie sich an der Diskussion mit einer Frage oder einem Beitrag beteiligen möchten. Hat ein TN eine Frage oder einen Beitrag geäußert, setzt er/sie sich wieder auf seinen/ihren ursprünglichen Platz und bietet so anderen TN die Möglichkeit, sich auf den freien Stuhl zu setzen.
Hier die Einladung. Inhaltlicher Bericht hier.
Neues Gutachten zur „Altersvorsorge von Abgeordneten“
Wie das SRzG-Positionspapier zu Rente und Pensionen in seinem letzten Abschnitt erläutert, ist die Altersvorsorge von Abgeordneten im Bundestag beamtenanalog organisiert, d.h. sie wird aus Steuermitteln finanziert und die Abgeordneten zahlen nicht in die gesetzliche Rentenversicherung ein (siehe SRzG-Positionspapier „Rente und Pensionen“). Der Verweis, dass Beamte dies auch nicht tun, greift nicht, denn Abgeordnete werden nicht durch Mandatsantritt zu Beamten. Auch das Grundgesetz trennt strikt zwischen Legislative und Exekutive, d.h. die Altersversorgung von Abgeordneten des Bundestags kann jederzeit einfachgesetzlich geändert werden. Eine entsprechende Gesetzesänderung könnte laut einem neuen Gutachten von Heinz-Dietrich Steinmeyer / Sebastian Lovens-Cronemeyer (2021) jederzeit beschlossen werden.
Die gemeinsame Erklärung von Abgeordneten aller demokratischen Parteien vom Sommer 2021
Im Sommer 2021 hat sich eine Gruppe von Abgeordneten in einem gemeinsamen Vorstoß dafür ausgesprochen, den Sonderstatus der Bundestagsabgeordneten bei der Altersvorsorge zu beenden (Orginaltext). Dr. Carsten Linnemann (CDU), Ralf Kapschack (SPD), Johannes Vogel (FDP), Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen) und Matthias W. Birkwald (Die Linke) schrieben:
„Wir, Abgeordnete der demokratischen Parteien im Deutschen Bundestag, fordern den nächsten Bundestag auf, eine Reform der Altersversorgung für Bundestagsabgeordnete in Angriff zu nehmen. Die aktuelle Regelung der Alters-entschädigung halten wir für nicht mehr zeitgemäß, sie trifft auf wenig Verständnis und Akzeptanz in der Bevölkerung. (…) Wir sind uns einig, dass der Deutsche Bundestag zu Beginn der kommenden 20. Wahlperiode eine interfraktionelle Arbeitsgruppe einsetzen sollte, die einen Reformvorschlag erarbeitet.“
Passiert ist seitdem nichts.
Wie ist die Altersversorgung seiner Abgeordneten bisher geregelt?
Die Altersversorgung seiner Abgeordneten regelt jedes Bundesland bzw. auch der Bund selbst. Bisher existieren auf Länderebene verschiedene Modelle der Altersversorgung für Abgeordnete. Während die „Abgeordnetenpension“ noch vor zwei Jahrzehnten in allen 16 Bundesländern und im Bund geltendes Recht war, ist dies heute nur noch in elf Bundesländern (sowie weiterhin im Bund) der Fall. Die anderen Bundesländer (Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Bremen, Nordrhein-Westfalen sowie Brandenburg) haben die Altersversorgung für ihre Landtagsabgeordneten inzwischen grundsätzlich anders organisiert. In Schleswig-Holstein und Bremen erhalten alle Abgeordneten seit der Systemumstellung (also von Altfällen abgesehen) einen von ihrer Diät und den sonstigen finanziellen Leistungen getrennten monatlichen Eigenvorsorgebeitrag, mit dem sie sich ihre Altersversorgung selbst zu organisieren haben. In Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Baden-Württemberg (seit 1.12.2019) ist die Altersversorgung in einem Versorgungswerk – also einem Parallelsystem geregelt.
Die Modelle der Abgeordnetenversorgung im Überblick
[Quelle: Bürgerforum zur Altersversorgung der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg (2018): Langfassung der Ergebnisse und Dokumentation, S. 32-33]
Abgeordnetenpension (Bund und die meisten Bundesländer)
Die Abgeordnetengesetze im Bund und in den meisten Bundesländern regeln eine unmittelbare staatliche Altersversorgungssystem für die Abgeordneten. Wie bei Beamten wird die Versorgung aus dem jeweiligen Staatshaushalt finanziert. Lediglich die Abgeordneten in Hamburg zahlen einen monatlichen Beitrag in Höhe von 9,35 % der monatlichen Grundentschädigung.
Ein Anspruch auf staatliche Altersversorgung setzt das Erreichen der gesetzlich bestimmten Altersgrenze und eine unterschiedlich lange Mandatszeit voraus. Diese Mindestmandatszeit liegt zwischen einem Jahr und höchstens zehn Jahren.
Die Höhe der Altersversorgung richtet sich nach der Mandatszeit und der aktuellen monatlichen Abgeordnetenentschädigung. Bei Erreichen der Mindestmandatszeit wird eine Mindestversorgung gewährt. Diese steigt mit jedem weiteren Jahr der Parlamentszugehörigkeit bis zu einer Höchstversorgung.
Beispiel Bundestag: Mitglieder des Bundestages erhalten laut Art. 20 Abgeordnetengesetz nach ihrem Ausscheiden eine Altersentschädigung, wenn sie das 67. Lebensjahr vollendet und dem Deutschen Bundestag mindestens ein Jahr angehört haben. Sie erhalten pro Jahr Mandatszeit 2,5 % der Abgeordnetenentschädigung. Die Höchstversorgung nach 26 Mandatsjahren liegt bei 65 %.
Versorgungswerk (Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Baden-Württemberg seit 01.12.2019)
Nordrhein-Westfalen hat ein eigenständiges Versorgungswerk für die Landesabgeordneten ähnlich den berufsständischen Versorgungswerken errichtet. Dem sind mittlerweile auch Brandenburg und zum 01.12.2019 auch Baden-Württemberg beigetreten. Die Mitgliedschaft in diesem Versorgungswerk ist für die Landesabgeordneten verpflichtend. (Für baden-württembergische Landtagsabgeordnete wird die Mitgliedschaft im Versorgungswerk wegen Übergangsregelungen erst für neu gewählte Abgeordnete ab 2012 verpflichtend.)
Ein Teil der monatlichen Diät der Abgeordneten wird als Pflichtbeitrag einbehalten und an das Versorgungswerk abgeführt. Dieses erbringt alle Versorgungsleistungen aus eigenen Mitteln (Kapitaldeckungsprinzip).
Ein Anspruch auf eine lebenslange Altersrente entsteht nach dem Ausscheiden aus dem Landtag und Vollendung des Rentenalters von 60 bis regelmäßig 67 Jahren. Voraussetzung ist, dass zu diesem Zeitpunkt mindestens 30 Monate Beiträge in Höhe des Pflichtbeitrages eingezahlt wurden und davon mindestens 12 Monate Pflichtbeiträge als Mitglied des Landtages (sog. Mindestbeitragszeit).
Die Höhe der Versorgung richtet sich nach der Dauer der Beitragszahlung und dem Lebensalter und wird nach versicherungsmathematischen Leistungstabellen auf der Grundlage der Einzahlungen berechnet. Im Falle der Inanspruchnahme der Altersrente vor der Regelaltersgrenze von 67 Jahren vermindert sich die Altersrente um einen Abschlag.
Aussagen zur Höhe der im Versorgungswerk realistisch erreichbaren Altersrente sind schwierig. Trotzdem ein fiktives Beispiel für einen „Durchschnittsabgeordneten“ des Landtags von Baden-Württemberg, der 2006 im Alter von 50 Jahren in den Landtag gewählt und 2016 nicht wiedergewählt wurde: Er würde für 10 Jahre Mandatszeit bei Einzahlung von monatlich 1.100 Euro mit Eintritt ins Rentenalter mit 67 Jahren im Jahr 2023 eine monatliche Altersrente des Versorgungswerks in Höhe von knapp 800 Euro erhalten.
Privater Eigenvorsorgebeitrag (Schleswig-Holstein, Bremen)
In Schleswig-Holstein und und im Teilzeitparlament von Bremen erhalten die Abgeordneten zusätzlich zu ihrer Grundentschädigung einen monatlichen Beitrag zur Altersvorsorge. Voraussetzung zur Gewährung ist der Nachweis, dass der Vorsorgebeitrag für die Altersversorgung durch eine lebenslange Rente verwendet wird und ein Kapitalwahlrecht (Auszahlungsmöglichkeit) ausgeschlossen ist. Der Beitrag (Schleswig-Holstein: 1.975,39 €; Bremen: 750 €) muss zu mindestens 85 v.H. zur Altersversorgung eingesetzt werden. Den Vorsorgebeitrag können die Abgeordneten für eine private Rentenversicherung verwenden, ihn aber auch in die gesetzliche Rentenversicherung, in betriebliche Alterssicherungssysteme und in berufsständische Versorgungswerke einzahlen.
Wahlrecht zwischen Altersentschädigung und Eigenvorsorge (Sachsen)
Im Freistaat Sachsen können die Abgeordneten in jeder Wahlperiode, in der sie dem Landtag angehören, zwischen einer staatlichen Altersentschädigung und einem Beitrag zur Eigenvorsorge wählen. Letzterer ist in Sachsen immer genau so hoch wie der Höchstbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung (im April 2023: 1.357,80 €).
Die Situation in Baden-Württemberg
2008 hatte der Landtag von Baden-Württemberg in einem mutigen Schritt beschlossen, die Abgeordnetenpension (Staatspension) abzuschaffen. Gleichzeitig wurden die Diäten um ein Drittel erhöht und den Abgeordneten zusätzlich eine Pauschale zur individuellen Vorsorge zugesprochen (vor der Abschaffung, s.u., lag dieser bei 1.805 €/Monat). 2017 wollten die Landtagsabgeordneten das 2008 eingeführte System der Eigenvorsorge wieder kippen mit dem Ziel, zur Abgeordnetenpension zurückzukehren (ohne die Diäten zu senken).
Dieses Vorhaben wurde 2017 wegen des starken öffentlichen Gegenwindes fallengelassen. Es wurde eine Unabhängige Expert*innenkommission eingesetzt und ein repräsentativ zusammengesetztes Bürgerforum eingerichtet, die den Landtag in ihrer Entscheidungsfindung beraten sollten. Beide haben Empfehlungen vorgelegt:
Da die Expert*innenkommission 2019 kein einhelliges Urteil abgab, entschieden die Abgeordneten, dass Baden-Württemberg dem Abgeordneten-Versorgungswerk der Länder Nordrhein-Westfalen und Brandenburg beitritt (hier der Gesetzesentwurf von CDU, Grünen und SPD) eingebracht. Die Abstimmung über den Beitritt zum Versorgungswerk fand am 06.11.2019 statt. Der Beitritt erfolgte zum Dezember 2019.
Das kritisierte die SRzG am Beitritt zum Abgeordnetenversorgungswerk
Die SRzG hat sich mehrfach an die Landtagsabgeordneten der Fraktionen gewandt sowie persönliche Gespräche mit den Abgeordneten, Journalist*innen und vereinzelten Mitgliedern der einberufenen Expert*innenkommission geführt. Mittlerweile hat sich eine große Koalition zivilgesellschaftlicher Akteure über alle Generationen hinweg hinter dem Anliegen versammelt.
– Ein Beitritt zum Abgeordneten-Versorgungswerk koppelt die Abgeordneten bei ihrer Altersversorgung von der Lebensrealität der allermeisten Menschen ab.
– Der Beitritt zum Versorgungswerk ist ein Rückschritt auf dem Weg zu einer solidarischen Bürger*innen-Rentenversicherung.
Die Zahl der Abgeordneten, die freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, stieg in den letzten Jahren. Auf Landesebene spricht vieles dafür, dass sich nach der nächsten Wahl im Frühjahr 2021 eine große Anzahl von neuen Abgeordneten freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichern wird. Bleibt es beim heutigen Optionsmodell, so dürften bis 2022 rund ein Drittel der Landtagsabgeordneten Beitragszahler in der DRV geworden sein. Schon in den letzten beiden Legislaturperioden war wegen der Niedrigzinsphase ein ansteigender Trend zur freiwilligen Versicherung in der DRV zu beobachten.
– Ein Beitritt grenzt den Handlungsspielraum zukünftiger Abgeordneter bzgl. ihrer Altersversorgung ein.
Alle derzeitigen Mitglieder des Landtags können in ihren bisherigen Altersversorgungssystemen bleiben und sich von der Beitragspflicht zum Abgeordneten-Versorgungswerk befreien lassen. Aber alle künftigen Mitglieder der nächsten Landtage haben jedoch keine Wahl mehr. Sie müssen Mitglieder dieses Versorgungswerks werden. Baden-Württemberg muss 1,2 Mio. Euro an das Versorgungswerk überweisen. Dieses Geld wird auch nicht zurückbezahlt, wenn das Land sein Versorgungssystem ändert. Damit wäre der Weg künftiger baden-württembergischer Landtage in die gesetzliche Rentenversicherung faktisch versperrt.
– Das Bürgerforum hat sich langfristig einstimmig für die solidarische Bürger*innen-Rentenversicherung ausgesprochen, in dem alle Bürger*innen, auch die Abgeordneten, versichert sein sollen.
Das ist aufgrund der Bundesgesetzgebung bisher noch nicht möglich. Das Land Baden-Württemberg soll sich außerdem über die Landesgrenzen hinaus für dieses Ziel einsetzen. Solange eine solidarische Bürger*innen-Rentenversicherung noch nicht existiert, schlägt das Bürgerforum gleichberechtigt zwei Modelle vor: Das Versorgungswerk für Abgeordnete oder das Bausteinmodell – in Anlehnung an das Drei-Säulen-System der Altersversorgung.
– Grüne und SPD sprechen sich in ihren Parteiprogrammen für eine solidarische Bürger*innen-Rentenversicherung aus, wollen aber hier, dass baden-württembergische Abgeordnete dem Abgeordneten-Versorgungswerk beitreten.
Die SRzG unterstützte daher die damalige Online-Petition „JA zur freiwilligen Versicherung in der DRV für baden-württembergische Landtagsabgeordnete von Dr. Dr. Jörg Tremmel.
Weitere Informationen
Pressemitteilungen:
SRzG fordert baden-württembergische Abgeordnete zum Verbleib in der gesetzlichen Rentenversicherung auf, 02.10.2019
Landtagsdebatte zeigt Nachteile des geplanten Umstiegs auf Abgeordneten-Versorgungswerk auf, 10.10.2019