Am 09.10.2019 will der Landtag von Baden-Württemberg eine Neugestaltung seiner eigenen Altersversorgung beschließen und einem Versorgungswerk beitreten. Seit Jahrzehnten fordern Verbände – von den Gewerkschaften bis zum VdK –, dass Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung (GRV) einzahlen sollen.
„Die Vertreter*innen der Legislative sollten bei ihrer Altersversorgung an die Erfahrungswelt der allermeisten Bürger*innen angekoppelt sein. Dann steigt die Chance, dass sie die gesetzliche Rentenversicherung generationengerecht und sozial gerecht ausgestalten“, so Maria Lenk, Sprecherin der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (SRzG) und Mitglied der Jungen Rentenkommission. [1]

Es ist weithin unbekannt, dass es in Baden-Württemberg seit 2008 ein Altersversorgungssystem für die Parlamentsabgeordneten gibt, welches genau dies ermöglicht. Bei diesem System – das es sonst nur noch in zwei weiteren Bundesländern gibt – erhalten die Abgeordneten einen Pauschalbetrag, mit dem sie privat für ihre Altersversorgung vorsorgen müssen. Eine Option ist dabei die freiwillige Versicherung in der GRV. In der 15. Wahlperiode haben 7 baden-württembergische Abgeordnete davon Gebrauch gemacht, in der aktuellen 16. Wahlperiode sind es 17 Abgeordnete. [2] Dies ist zwar bisher erst ein kleiner Anteil der 143 Abgeordneten im Landtag, aber die Steigerungsrate ist bemerkenswert. Nach der nächsten Wahl dürfte sich die Zahl wohl erneut verdoppeln. Aber wird das System des Eigenvorsorgebeitrags bis dahin überhaupt noch existieren?

Für den Tagesordnungspunkt „Reform der Altersversorgung der Abgeordneten“ sind 5 Minuten Redezeit pro Fraktion vorgesehen. Eine ausführliche Beratung unter Beteiligung der Öffentlichkeit sieht anders aus. In Statements haben sich mehrere Fraktionen für ein so genanntes Abgeordneten-Versorgungswerk ausgesprochen. Dieses Modell würde aber bedeuten, dass die derzeit 17 baden-württembergischen Abgeordneten ihre Altersversorgung nicht mehr innerhalb der GRV organisieren könnten. Dies würde gerade die Aussagen der Grünen ad absurdum führen, denn sie sprechen sich in ihren Parteiprogrammen für einen Einbezug von Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung aus. [3]

Da nur das System des Eigenvorsorgebeitrags diese Wahlmöglichkeit eröffnet, fordert die SRzG die Abgeordneten auf, es nicht durch das System des Abgeordneten-Versorgungswerkes zu ersetzen, sondern vielmehr den Eigenvorsorgebeitrag anzuheben und den Schutz gegen Erwerbsminderung auszu­weiten.

„Versorgungswerke sind Parallelsysteme zur gesetzlichen Rentenversicherung ohne Solidarität“, so Lenk. „In der Rentenpolitik besteht seit einigen Jahrzehnten ein breiter Konsens, dass es zwar Bestandschutz für die existierenden berufsständischen Versorgungswerke, aber es keine Neugründungen oder Ausweitungen mehr geben soll, damit die GRV als Institution nicht geschwächt wird. Das jetzige Modell der Altersversorgung des Landtags von Baden-Württemberg hat Vorbildcharakter. Langfristig sollten auch die Parlamentarier aller anderen Landtage sowie des Bundestags es übernehmen“, so Lenk weiter.

Die SRzG fordert daher baden-württembergische Abgeordnete auf, in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bleiben. Sofern sie bisher noch nicht drin sind, so fordert die SRzG sie zum freiwilligen Eintritt auf.

Zusammen mit dem Bündnis für Rentenbeitragszahler und Rentner e.V. (BRR) informiert die SRzG am 09.10.2019 um 9 Uhr vor dem Kunstmuseum Stuttgart (Nähe Haltestelle Schlossplatz; bei schlechtem Wetter drin) über das Thema. Kommen auch Sie und fordern Sie unsere Abgeordneten auf, das jetzige System nicht zu kippen und innerhalb des Systems die Option, sich der GRV anzuschließen, vermehrt zu nutzen.

Setzen Sie sich bei Interesse bitte mit uns in Verbindung.

 

Quellen:

[1] Mehr Informationen zur Jungen Rentenkommission: https://generationengerechtigkeit.info/junge-rentenkommission-nimmt-ihre-arbeit-auf/

[2] Auskünfte der Landtagsverwaltung an die Kommission zur Altersversorgung der Abgeord­neten. Vgl. auch Tremmel, Jörg (2019): Der Eigenvorsorgebeitrag als Alternative zur beamten­rechtsähnlichen Versorgung für Abgeordnete. In: Zeitschrift für Parlamentsfragen. Jg. 50 (2). S. 327-350.

[3] „Wir wollen den ersten Schritt zur Bürger*innenversicherung gehen und hierfür die nicht anderweitig abgesicherten Selbständigen, Minijobber*innen und Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen.“ Siehe Bündnis 90/Die Grünen, Wahlprogramm 2017, S. 199, https://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/BUENDNIS_90_DIE_GRUENEN_Bundestagswahlprogramm_2017.pdf (Abruf am 01.10.2019).