Wenn Politiker wiedergewählt werden sollen, müssen sie zunächst die Interessen heutiger Generationen berücksichtigen. Dadurch wird ein falscher Anreiz gesetzt, nämlich für eine Politik der „Verherrlichung der Gegenwart und Vernachlässigung der Zukunft“ (Richard von Weizsäcker). Bei der Beschaffung heutiger Mehrheiten können die Individuen, die in Zukunft geboren werden, nicht mitwirken. Sie tauchen im Kalkül des Politikers, der seine Wiederwahl organisiert, nicht auf. Dies kann man dem einzelnen Politiker nicht zum Vorwurf machen, denn die Rahmenbedingungen selbst schreiben es ihm vor.

Wahlperioden können nicht allzu lang sein, ohne den Einfluss des Wählers zu weit zurückzudrängen und damit das Wesen der Demokratie an sich zu gefährden. Der technische Fortschritt sorgt jedoch dafür, dass die Auswirkungen gegenwärtigen Handelns weit in die Zukunft hineinreichen und die Lebensqualität zahlreicher zukünftiger Generationen tiefgreifend negativ beeinflussen können.

Könnten zukünftige Generationen ihre Interessen im politischen Entscheidungsprozess geltend machen, so wären die Mehrheitsverhältnisse bei wichtigen politischen Entscheidungen anders. Beispiel Energiepolitik: Die heutige Form der Energiegewinnung mit dem Schwerpunkt auf fossilen Energieträgern ermöglicht derzeit einen einmalig hohen Lebensstandard, nimmt aber dafür gravierende Nachteile in der mittelfristigen Zukunft in Kauf. Beispiel Finanzpolitik: Die Finanzierung heutigen Konsums durch Schulden verschiebt Lasten in die Zukunft und verringert die Freiheit kommender Politikergenerationen, selbst gestaltend Politik zu machen.

Wales ist 2016 mit der Gründung der Commission for Future Generations einen neuen Weg gegangen. Die Kommission soll die Regierung bei ihrer Arbeit beraten. Dies geschieht auf Basis des einzigartigen Well-being of Future Generations Acts, durch den die Interessen der zukünftigen Generationen gesetzlich verankert wurden. Die SRzG hat die Kommissarin Sophie Howe im März 2022 zu einem mehrstündigen privaten Austausch getroffen, darüber auf Twitter und Instagram berichtet und die Ergebnisse des Treffens in einem Blog bewertet und in einen größeren Kontext der Debatte über Zukunftsinstitutionen eingeordnet.

Das Grundgesetz bietet bislang wenig Hilfestellung, da unsere Rechtsordnung derzeit v.a. die Rechte gegenwärtiger Individuen (Rechtssubjekte) schützt. Aus diesen Gründen wird sich eine ökologisch nachhaltige bzw. generationengerechte Gesellschaft nur erreichen lassen, wenn die ökologischen Ansprüche der Zukünftigen institutionell verankert werden. Daher ist es notwendig, durch eine Veränderung des Grundgesetzes oder der Arbeitsweise des Parlaments eine Vertretung kommender Generationen zu schaffen. Gleichartige Initiativen wurden beispielsweise in Israel, der Schweiz, Ungarn bereits umgesetzt oder sind im parlamentarischen Entscheidungsprozess.

Ein wichtiger Schritt, um unsere Demokratie generationengerechter zu machen, ist die Forderung nach einem Wahlrecht für alle Bürger, also auch für ältere Kinder und Jugendliche. Erfahren sie hier mehr über das Wahlrecht ohne Altersgrenze.

 

Unsere Positionen

Positionspapier: Sieben Bausteine für eine zukunftsgerechte Demokratie (2. Auflage, 2020)

Positionspapier: Die generationengerechte Partei. Ein 10-Punkte-Plan (2. Auflage, 2020)

Positionspapier: Nachwuchsquoten in Parteien und Parlamenten. Warum die Mitbestimmung junger Menschen durch Quoten sinnvoll ist. Langfassung (2019)

Positionspapier: Wahlrecht für Jugendliche und ältere Kinder. Demokratietheoretische, jugendsoziologische, und politische Hintergründe einer überfälligen Reform (2017)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Unsere Projekte

Kampagne „Wir wollen wählen!“
Jugendquoten in Parteien und Gremien
Kampagne „Generationengerechtigkeit ins Grundgesetz“ (2005-2009)

 

Medienecho

Morgenpost (16.07.2014): Kinder klagen in Karlsruhe – Dieser Junge kämpft gegen das Mindest-Wahlalter
Stuttgarter Zeitung (15.07.2014): Wahlrecht für Jüngere. Demokratie für alle
Spiegel Online (15.07.2014): Wahlrecht für Minderjährige – Auch eine elfjährige hat eine Meinung
Süddeutsche Zeitung (14.07.2014): „Wir wollen wählen“
Spiegel Online (13.07.2014): Beschwerde über Mindestwahlalter – Kinder ziehen vor Bundesverfassungsgericht
taz (13.07.2014): Wahlrecht in Deutschland – Kinder an die Urnen
der Freitag (12.08.2013): Generationengerechtigkeit? Herrschaft der Alten

 

Externe Informationen

Verfassungsgarantie der Generationengerechtigkeit
erschienen in der Reihe „Der aktuelle Begriff“ der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags

Handbook of Intergenerational Justice
Autoren aus Frankreich, Israel, Ungarn und Malta schildern, wie ihre Länder Generationengerechtigkeit institutionell verankert haben

Changing the German Constitution in Favor of Future Generations – Four Perspectives from the Young Generation
Vier Bundestagsabgeordnete schildern, wie sie Generationengerechtigkeit in der Verfassung verankern wollen

 

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