Unser Delegierter Patrick hat an der 1. Woche der COP24 teilgenommen. Hier teilt er seine Eindrücke.

Ein Eröffnungsbuffet dominiert von schlesischen Wurst-Köstlichkeiten, ein Gastgeber-Pavillon als Kohle-Ausstellungsstand und Deutschland als Fossil des Tages: Die COP24 in Katowice, Polen, bietet gleichsam Skurriles wie Nachdenkliches. Doch wie laufen die Verhandlungen? Sind sie auf dem Weg zum 1,5-Grad-Ziel?
Hier ein kurzer Überblick zur Halbzeit:

 

Stand der Verhandlungen

Rulebook: In dieser Woche haben die Staaten das Regelbuch des Pariser Abkommens verhandelt. Dieses soll den berühmten aber unkonkreten Klimavertrag fit für die Umsetzung machen. In der Praxis sah das so aus, dass am Anfang der Woche Textentwürfe des UN-Klimasekretariats (UNFCCC) vorlagen, die noch viele unterschiedliche Optionen zu einzelnen Paragraphen und Klammern aufwiesen. Die Staaten feilschten die Woche lang um fast jedes einzelne Wort und
reichten immer wieder eigene Vorschläge ein. Bis zu diesem Samstag sollte ein „bereinigter“ Text vorliegen. Der Verhandlungsstand in den einzelnen Themen war bis kurz vor der Deadline sehr unterschiedlich und die Verhandlungen zäh und trocken wie unsere Delegation am eigenen Leib erfahren musste. Am letzten Tag sah sich das schlaflose Sekretariat gezwungen, fast alle Texte radikal zu ändern und zu säubern, schaffte es damit aber, die Woche zu retten. In Woche zwei liegt es jetzt an den Minister*innen der einzelnen Länder die bestehenden politischen Blockaden zu lösen und das Regelbuch zu verabschieden.

Eine Übersicht der entscheidendsten Forderungen einzelner Ländergruppen:
Die G77 und China, die Gruppe der Mehrheit der Entwicklungsländer, erwarten mehr Ambitionen von den Industrieländern.
AOSIS, die kleinen Inselstaaten, fordern, dass Verluste und Schäden in das Regelwerk aufgenommen werden, und ermahnen, dass einige Länder keine Minderungsmaßnahmen in ihre Verpflichtungen aufnehmen wollen.
Die Arab Group lehnt es ab, dass nicht-staatliche Akteure (NGOs, Unternehmen usw.) an der globalen Bestandsaufnahme (Global Stocktake) teilnehmen, nicht einmal IPCC-Expert*innen sollen beteiligt werden.
Die African Group fordert Flexibilität im Transparenzrahmen und eine Einigung über Finanzierungsfragen.
Die LMDC, eine große Gruppe unter den Entwicklungs- und Schwellenländern, forderten, dass die Differenzierung zwischen Industrie- und Nicht-Industrieländer bei Transparenzfragen, der globalen Bestandsaufnahme und der Minderung berücksichtigt wird.

Antwort auf den IPCC-Sonderbericht zum 1,5 Grad-Ziel: Mit Spannung wurden die Reaktionen der Staaten auf den IPCC-Sonderbericht erwartet. Wer allerdings darauf wartete, dass der Bericht aufgrund seiner klaren Botschaft stärkere Ambitionen hervorrufen würde, der verkennt die langsamen Mühlen der internationalen Klimadiplomatie. Vielmehr wurde bis zum späten Samstagabend darüber gestritten, ob man den Spezialbericht nun “begrüßen” oder lediglich “zur Kenntnis nehmen” soll. So viel zum Thema Feilschen um jedes Wort. Dass man sich für die bloße Kenntnisnahme entschied, kommt einer Ablehnung gleich und ist äußerst ernüchternd und bedauerlich.

Talanoa Dialog: Ein letzter Strohhalm der Hoffnung auf größere Anstrengungen ist für viele der Talanoa-Dialog. Die Vorbereitungen für den Talanoa-Dialog, der auf höchster politischer Ebene kommende Woche stattfinden soll, endeten diese Woche. Da die anderen Verhandlungsstränge wie gezeigt kein Mehr an Klimaschutz entwickeln können, erhoffen sich die EU und die kleinen Inselstaaten, aber auch NGOs hierdurch ein neues politisches Momentum. Eine besondere Rolle könnte hier die COP-Präsidentschaft spielen, die dem Ganzen eine neue Dynamik geben könnte. Jedoch scheint sich die aktuelle polnische Präsidentschaft nicht sonderlich für den Dialog zu interessieren. Diese setzt ihre Prioritäten eher in E-Autos und in die Rettung von Kohlearbeiter*innen.

Negativpreis für Deutschland: Am Freitag erhielt Deutschland den “Fossil des Tages”. Der von internationalen Nichtregierungsorganisationen ausgelobte und viel beachtete Negativpreis erhalten immer die Länder, welche an dem jeweiligen Verhandlungstag als größter bremsender Faktor für mehr Klimaschutz auftritt. Dieses Mal erhielt Deutschland ihn für das Verfehlen der eigenen Klimaschutzziele um 8 Prozent und dem peinlichen Hin und Her im Ausstieg aus der Kohlekraft.

Die COP aus unserer Perspektive

Neben den Verhandlungen oder Side Events, welche wir auf der Klimakonferenz besucht haben, verfolgten wir auch eigene Projekte. Am Mittwoch richteten wir ein eigenes Side-Event zum Thema Postwachstum aus. Wir füllten den deutschen Pavillon bis auf den letzten Platz und das Publikum engagierte sich großartig in den spannenden Diskussionen. Außerdem fanden während der ersten Woche Vernetzungstreffen mit anderen jungen Klimaaktivist*innen aus Deutschland statt. Aus diesen entstand auch eine gemeinsame Aktion zum Thema “Jugendpartizipation”, die viel Aufmerksamkeit bei den Besucher*innen und Medien erzeugte.

Ein weiterer Austausch zwischen deutschen, französischen und polnischen Jugendlichen zu den Zielen für Nachhaltige Entwicklung organisierte die Klimadelegation in Kooperation mit dem Umwelt- und Entwicklungsministerium ebenso. Die Teilnahme an einem NGO-Briefing und das Treffen der Jugendverbände mit der deutschen Delegation, gab uns die Möglichkeit unsere Anliegen, Fragen und auch Kritik zu äußern. Wir forderten mehr Ambition und mehr Jugendbeteiligung. Auf der YOUNGO-Pressekonferenz wurden wir zudem mit einer Rede zum Thema Klimaanpassung würdig vertreten. Gemeinsam haben wir auf verschiedenen Kanälen auf unsere Arbeit aufmerksam gemacht — Interviews geführt (WDR5, BBC News, MRD, Bayrischer Rundfunk), Blogartikel geschrieben oder unseren Tag bei Instagram und Facebook begleitet.

 

Fazit

Im Kontrast zu den eher wenig ambitionierten Verhandlungen sind die Aktivitäten der Klimadelegation ein voller Erfolg. Die zweite Verhandlungswoche wird nun mit voller Spannung erwartet, da ab jetzt auf höchster politischer Ebene die wichtigen Entscheidungen zu treffen sind. Wir sind auch in der kommenden Woche mit Mitgliedern vertreten und schauen den Verhandelnden ganz genau auf die Finger. Am Ende soll nicht weniger stehen als ein robustes Regelbuch und mehr Ambitionen für 1,5 Grad!

 

Patrick ist Mitglied der Klimadelegation des Jugendbündnis Zukunftsenergie. Die SRzG ermöglicht dieser Jugendinitiative jedes Jahr die Teilnahme an den COPs. Dieser Blogbeitrag ist auch auf klimadelegation.de erschienen.