Vom 22. – 23. September 2024 fand in New York der UN-Gipfel der Zukunft statt. Die SRzG hatte im Vorfeld versucht, die Einführung eines offiziellen UN-Tag für Generationengerechtigkeit in die Verhandlungen einzubringen. Nun ist es Zeit, Bilanz zu ziehen: Was steht in den Abschlussdokumenten drin? Und wo gibt es noch Verbesserungsbedarf?
Zur Erinnerung: Anfang 2023 hatten wir unsere Kampagne begonnen. Und wir konnten schnell einige Erfolge verzeichnen – etwa den Aufbau eines globalen Netzwerks zur Förderung des „Intergenerational Fairness Day“, die Organisation des ersten vorläufigen „Intergenerational Fairness Days“ oder die Produktion unseres ersten englischsprachigen „Intergenerational Fairness Day Podcasts“. Nun aber bot der UN-Gipfel der Zukunft eine entscheidende Gelegenheit, unser Ziel weiter voranzutreiben.
Besonders bedeutsam war die Verabschiedung dreier zentraler Dokumente durch die Staats- und Regierungschefs auf dem mit Spannung erwarteten Gipfel: der „Pakt für die Zukunft“ und seine beiden Anhänge, das „Global Digital Compact“ sowie die „Erklärung zu den zukünftigen Generationen“. Die SRzG hat sowohl schriftlich als auch mündlich Input zum Zukunftspakt und zur Erklärung für zukünftige Generationen gegeben und dabei unter anderem die Forderung nach einem UN-Tag für Generationengerechtigkeit bzw. zukünftige Generationen eingebracht. Unseren Input könnt ihr hier nochmal nachlesen. Leider haben wir unsere Forderung für einen Tag für Generationengerechtigkeit nicht durchsetzen können. Allerdings gilt es zu erwähnen, dass wir in unserem Input darauf hingewiesen haben, dass die UN sich verpflichten soll, jeden der in Absatz 32 (damals im Entwurf: Absatz 36) der „Erklärung zu den zukünftigen Generationen“ genannten Punkte zu verwirklichen, anstatt sie als optional darzustellen, indem das Wort ‘oder’ verwendet wird. Dies wurde tatsächlich berücksichtigt und so verpflichtet sich die UN nun dazu „(a) einen Sonderbeauftragten für zukünftige Generationen bei den Vereinten Nationen zu ernennen, (b) eine inklusive hochrangige Plenarsitzung der UN Generalversammlung zu den zukünftigen Generationen einzuberufen, welche die Umsetzung der Erklärung während der 83. Sitzung der Generalversammlung überprüfen und über die ergriffenen Maßnahmen zum Schutz der Bedürfnisse und Interessen zukünftiger Generationen berichten wird und (c) den Generalsekretär bitten, einen Bericht über die Umsetzung der Erklärung vorzulegen, der in der hochrangigen Plenarsitzung während der dreiundachtzigsten Sitzung der Generalversammlung erörtert werden soll“.
Elizabeth Cousens von der UN Foundation beschreibt den Pakt als ein “Blueprint” für ein effizienteres und wirkungsvolleres internationales System. Auf 42 Seiten werden 56 umfassende Maßnahmen dargelegt, die sich den größten globalen Herausforderungen widmen. Dazu zählen unter anderem Durchbrüche bei der Reform des UN-Sicherheitsrates, dem Schutz von Zivilisten, der Bewältigung neuer Bedrohungen wie autonomen Waffensystemen sowie eine verstärkte finanzielle Unterstützung für die „Sustainable Development Goals“ und den Kampf gegen den Klimawandel. Zudem stellt der Pakt die erste multilaterale Unterstützung für die nukleare Abrüstung seit über einem Jahrzehnt dar.
Die Erklärung zu den zukünftigen Generationen ist eine beispiellose internationale Vereinbarung und die erste ihrer Art. Sie wurde ausdrücklich zum Schutz der Rechte und Perspektiven künftiger Generationen geschaffen und war somit ein zentraler Bestandteil des Gipfels. Sie legt eine langfristige Strategie für globale Verantwortung und Führung fest und enthält eine Reihe von Bestimmungen und Maßnahmen, die darauf abzielen, dass Wohl zukünftiger Generationen stärker in den Mittelpunkt zu setzten. Derek Walker, der Kommissar für zukünftige Generationen in Wales, betonte: „Unsere zukünftigen Kinder und Enkelkinder benötigen ein globales Engagement, um ihre Zukunft zu sichern, und die am stärksten von den heutigen Problemen betroffenen Gemeinschaften können nicht länger auf Maßnahmen warten. Die Verabschiedung der Erklärung zu den zukünftigen Generationen bei den Vereinten Nationen markiert einen bedeutenden Moment für die globale Regierungsführung, in dem die Nationen anerkennen, welche langfristigen Auswirkungen die heutigen Entscheidungen haben.” Neben zentralen Punkten wie der Verankerung des Prinzips der „Generationengerechtigkeit“ und der Institutionalisierung eines langfristigen Denkens auf globaler Ebene steht die Erklärung für einen tiefgreifenden Wandel in der globalen Regierungsführung, der das zukünftige Wohlergehen in den Mittelpunkt rückt. Besonders hervorzuheben ist die Forderung in Absatz 32a) nach der Ernennung eines Sonderbeauftragten für zukünftige Generationen bei den Vereinten Nationen.
Auch wenn es uns nicht gelungen ist, unsere Forderung nach einem Tag für Generationengerechtigkeit auf dem Gipfel durchzusetzen, stellen die angenommenen Vereinbarungen, insbesondere die Erklärung zu den zukünftigen Generationen, einen bedeutenden Fortschritt im weltweiten Schutz der zukünftigen Generationen dar. Sie gibt uns zudem Anlass zur Hoffnung, weiterhin auf die Einrichtung eines solchen UN-Tages hinzuarbeiten – insbesondere angesichts der Ernennung des Sonderbeauftragten für zukünftige Generationen und der jüngsten Pläne der EU für einen neuen Kommissar für Generationengerechtigkeit.
Ebenfalls begeisternd waren die Veranstaltung, die um den Gipfel herum an den sogenannten „Action Days“ organisiert wurden. Die Kunstausstellung „Good Ancestors: Art and Culture for Future Generations“ unterstützt die UN-Erklärung für zukünftige Generationen und wurde von vielen Mitwirkenden, darunter Michael Münker von Milliongenerations und den Ständigen Vertretungen der Niederlande und Jamaikas bei den Vereinten Nationen, ins Leben gerufen. Sie fand vom 16. bis 27. September im Besucherfoyer des UN-Gebäudes der Generalversammlung statt und lud Besucher dazu ein, Kunst- und Kulturprojekte aus aller Welt zu entdecken. Mit universellen Themen wie Gemeinschaft, Ritualen und Fürsorge unterstreicht sie die Bedeutung des generationenübergreifenden Denkens und erinnert uns daran, dass zukünftige Generationen im Mittelpunkt unserer heutigen Handlungen stehen sollten.
Nach dem Gipfel herrscht unter allen beteiligten Akteuren Einigkeit: Der Gipfel allein wird wenig bewirken, die eigentliche Arbeit beginnt erst jetzt. Es liegt an allen, von den Mitgliedsstaaten über die Wissenschaft und Zivilgesellschaft bis hin zu Unternehmen und Bürgern, dafür zu sorgen, dass die in den drei Vereinbarungen festgelegten Maßnahmen wirksam und nachhaltig umgesetzt werden. Es gibt einen Aufbruch im Engagement für zukünftige Generationen, und wir werden uns weiterhin nicht nur für diesen UN-Tag einsetzen, sondern für alle Aspekte, die mit dem Konzept der Generationengerechtigkeit verbunden sind. Wir müssen für jene eintreten, die noch keine Stimme haben und am stärksten von unseren heutigen Entscheidungen betroffen sein werden. “Der Weg ist steinig”, warnte Bundeskanzler Olaf Scholz auf dem Gipfel. “Aber war das jemals anders?”.
In einer Zeit, in der Frieden und Diplomatie in weite Ferne gerückt scheinen und die Zweifel an der Wirksamkeit und Handlungsfähigkeit der UN zunehmen, gibt es dennoch erfreuliche Nachrichten: Trotz einer katastrophalen geopolitischen Lage, geprägt von Kriegen in Gaza und der Ukraine, befürwortet die überwältigende Mehrheit der UN-Mitgliedsstaaten nach wie vor die multilaterale Zusammenarbeit.