Der Klimawandel ist eine Gerechtigkeitsfrage – Bei den Verhandlungen der Klimakonferenz in Lima hatten zukünftige Generationen jedoch keine Stimme, sagt René Kieselhorst von der Stiftung Generationengerechtigkeit. Ein Kommentar für umwelt aktuell 2/2015

 

Die ersten Folgen des Klimawandels sind bereits heute in einigen Ländern des globalen Südens zu erkennen. Doch es werden erst die zukünftigen Generationen sein, die dessen gesamten Folgen zu spüren bekommen. Bei der letzten Klimakonferenz hat sich jedoch erneut gezeigt, dass das Wohlergehen zukünftiger Generationen uns weniger Wert ist als unser eigenes.

Im Dezember 2014 haben die Vereinten Nationen (UN) zu ihrer jährlichen Klimakonferenz nach Lima geladen, um die Rahmenbedingungen für ein neues Klimaschutzabkommen auszuhandeln, das dieses Jahr beschlossen und 2020 in Kraft

treten soll. Die Ergebnisse waren jedoch enttäuschend. So wie es aussieht, wird es kaum

globale Koordination geben – und damit keine Möglichkeit ein gemeinsames

Klimaschutzziel vorzugeben, zu überprüfen und durchzusetzen. Stattdessen sollen die

Staaten individuelle Emissionsziele vorschlagen. Die aktuellen Beschlüsse der EU, USA

und China zeigen jedoch, dass dieses Vorgehen nicht reichen wird, um die globale

Erwärmung auf 2 Grad Celsius zu begrenzen.

Um ein altes Sprichwort etwas abzuwandeln: Die Erde ist, genau wie ihre Atmosphäre,

nur von unseren Kindern geliehen. Zukünftige Generationen sollten die gleichen

Chancen und damit den gleichen Zugang wie wir zu Ressourcen und einer intakten

Umwelt haben. Dieses Prinzip der Generationengerechtigkeit ist eine Basis der

Umweltpolitik und findet sich weltweit in kulturellen und religiösen Traditionen wieder.

Es ist sogar eines der Prinzipien, das laut der UN-Klimarahmenkonvention die

Verhandlungen leiten soll. Daher könnte man meinen, dass dieser Grundsatz die Staaten

in den Verhandlungen einen würde. Leider sieht die Realität jedoch anders aus:

Zukünftige Generationen haben auf den Klimakonferenzen keine Stimme.

Denn auch wenn die Rechte zukünftiger Generationen in vielen Ländern für

fiskalpolitische Reformen und Einschnitte in den Sozialstaat vorgeschoben werden,

schafft es die Politik nicht, langfristige Konzepte zur Senkung von Emissionen und zum

Verbannen fossiler Kraftstoffe zu entwickeln, die zu einer wirklich

generationengerechten Politik führen würden. Der Grund ist einfach: Wir profitieren

von günstigen fossilen Kraftstoffen, während die Folgen erst in Zukunft voll zu spüren

sein werden. Gleichzeitig schlagen die Kosten für Klimaschutz vor allem heute zu Buche

– die Vorteile zeigen sich jedoch erst in Jahrzehnten. Ökonomisch gesehen sind

schwache Emissionsminderungsmaßnahmen daher für uns besser. In der Konsequenz

bedeutet das aber auch, dass wir dem Leben zukünftiger Generationen weniger

Bedeutung einräumen als unserem.

Um dies zu ändern, brauchen wir tiefgreifende Reformen, denn unser gesamtes

Wirtschaftssystem, unsere gesamte Lebensweise basiert seit Anbeginn der

Industrialisierung auf fossilen Kraftstoffen. Gerade deshalb müssen wir so schnell wie

möglich anfangen, die Abkehr von diesem System sozialverträglich zu gestalten. Denn je

später wir handeln, desto ambitionierter – und damit auch teurer – müssen zukünftige

Maßnahmen zur Klimawandelvermeidung und –anpassung sein. Ansonsten wird bis

2100 die Temperatur um drei bis vier Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau

steigen. Dies hätte katastrophale Folgen für die Umwelt und die Lebensrealität

zukünftiger Generationen. Anstatt diese Herausforderung anzunehmen und

Maßnahmen zu beschließen, um langfristig klimaneutral zu werden, schieben sich

Industrie- und Schwellenländer gegenseitig die Verantwortung zu und bringen die

Klimaverhandlungen zum Stillstand. Wenn wir auf der Konferenz in Paris nicht mit

einem ambitionslosen Abkommen enden wollen, das uns auf Jahrzehnte an schwache

Maßnahmen bindet, können wir uns das nicht weiter erlauben.

Generationengerechtigkeit könnte daher das Prinzip sein, um die internationale

Staatengemeinschaft wieder hinter einem gemeinsamen Ziel zu versammeln.

 

René Kieselhorst ist Delegierter der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen

und Mitglied der Intergenerational Equity Working Group der Jugendvertretung der UN-

Klimarahmenkonvention.