Bei der kommenden Bundestagswahl sind erstmals mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten über 55 Jahre alt. Das hat die Große Koalition schon in dieser Wahlperiode zu kostenintensiven Wahlversprechen verleitet, zum Beispiel bei der Einführung der Rente mit 63.
Der Inhalt
Wer 45 Jahre Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt hat, kann seit dem 1. Juli 2014 ab Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Abzüge die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die abschlagsfreie Rente ab 63, in Anspruch nehmen. Zuvor konnte diese abschlagsfreie Altersrente erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres bezogen werden. Wer früher in Rente gehen wollte, musste in der Regel für jeden Monat des Rentenbezugs vor der Regelaltersgrenze 0,3 Prozent Kürzungen bei der Rente in Kauf nehmen. Diese „Rente mit 63“ können Versicherte in Anspruch nehmen, die bis zum 31.12.1952 geboren wurden. Für die Jahrgänge ab 1953 steigt das Renteneintrittsalter stufenweise auf 65 Jahre an. Außerdem wurden die Anspruchsvoraussetzungen geändert, sodass Zeiten von Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung auf die Rente angerechnet werden können.
Bewertung des Gesetzes
Aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales heißt es: „Mit der abschlagsfreien „Rente ab 63″ werden die Menschen belohnt, die mit ihrer Lebensarbeitsleistung das Rentensystem stützen. Es werden diejenigen in den Blick genommen, die ihr Arbeitsleben bereits in jungen Jahren begonnen und über Jahrzehnte hinweg durch Beschäftigung, selbständige Tätigkeit und Pflege sowie Kindererziehung ihren Beitrag zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben.“
Das klingt zunächst einmal gerecht. Wieso auch sollten Menschen, die besonders hart und besonders lange gearbeitet haben nicht belohnt werden? Schließlich sollen unsere Großeltern und Eltern ihren Ruhestand genießen dürfen.
In Deutschland stieg die Lebenserwartung durchschnittlich um 2,5 Jahre pro Jahrzehnt. In den letzten Jahrzehnten stieg die Zahl der „gesunden Jahre“ sogar noch stärker als die Lebenserwartung insgesamt und alle Prognosen gehen von einer weiteren Zunahme aus. Heute, bei einer auf mehr als 80 Jahre gestiegenen Lebenserwartung, erreichen die Deutschen ein tatsächliches Renteneintrittsalter von 64 Jahren. In der Vergangenheit verbrachten Individuen 12 Jahre (15 Prozent) ihres Lebens im Ruhestand. Heute sind es schon 17 Jahre bzw. 21 Prozent ihrer Lebenszeit. Auf der einen Seite steht also eine immer längere Ruhestandsphase – immer mehr Menschen erhalten länger Rente und immer weniger Menschen zahlen in die Rentenkasse ein. Auf der anderen Seite wird das Rentenalter gesenkt.
Eine immer längere Ruhestandsphase lässt die Kosten für die jeweilige erwerbstätige Generation steigen und führt zu einem Ungleichgewicht im Umlageverfahren. Langfristig, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in den Ruhestand gehen, wird die Rentenversicherung mit deutlich mehr Ausgaben belastet, als für die Zukunft gut ist. Eine milliardenteure Maßnahme, die angesichts der steigenden Lebenserwartung in Deutschland unverständlich bleibt und künftige Generationen teuer zu stehen kommen wird.
Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen kürt das Gesetz „Rente mit 63“ mit dem Legislativ-Preis der 18. Legislaturperiode in der Kategorie „Ungerechtestes Gesetz für zukünftige Generationen“
Die symbolische Preisverleihung und Diskussion der Entscheidung fand im Rahmen eines Pressgesprächs am 29. August 2017 in der Bundespressekonferenz statt. Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung berichtete darüber.
Mehr Informationen
Informationsmaterial „Rente mit 63 – das ungerechteste Gesetz für zukünftige Generationen“
Legislativ-Preis
Gesetzestext Rente mit 63