Von Sofia Lüßmann und Konrad Goldenbaum, SRzG-Praktikant:innen.
Die SRzG war am 12. April 2022 bei einem Roundtabel zum Thema Intergenerationale globale öffentliche Güter (Intergenerational Global Public Goods) zu Gast. Die Veranstaltung wurde vom UN-Universitätszentrum für Politikforschung (UNU-CPR) (UN University Center for Policy Research) in Kollaboration mit der UN Stiftung und dem Stimson Center, einem Think Tank für Internationalen Frieden und Sicherheit organisiert.
Zu den ca. 50 Teilnehmenden der zweistündigen virtuellen Diskussionsrunde gehörten unter anderem namhafte Gäste wie Sophie Howe und Toby Ord. Basierend auf dem „Our Common Agenda”- Report des Generalsekretärs der Vereinten Nationen soll das hochrangige Beratungsgremium für effektiven Multilateralismus (HLAB) ermitteln, wo Verbesserungen der Regierungsführung vorgenommen werden müssen und neue Optionen vorschlagen, wie diese erreicht werden können. Die erarbeiteten Vorschläge werden von den Mitgliedsstaaten des Zukunftsgipfels 2023 geprüft.
Inhaltliche Schwerpunkte der Diskussionsrunde
„Wir befinden uns in einem Jahrhundert, in dem mehr Menschen geboren werden, als derzeit auf der Erde leben” (UN Stiftung).
Obwohl der Grundsatz der Generationengerechtigkeit tief in verschiedenen kulturellen und religiösen Traditionen verwurzelt ist und sich in der Charta der Vereinten Nationen widerspiegelt, wurden nur wenige sinnvolle Schritte unternommen, um die Interessen künftiger Generationen zu berücksichtigen. Um nachfolgenden Generationen eine lebenswerte Zukunft zu hinterlassen, wirbt die UN Stiftung in ihrem Bericht „Future Thinking and Future Generation” für eine neue globale Agenda. Damit möchte sie dazu beitragen zukünftige Generationen im multilateralen System zu verstehen, für sie zu handeln und sie zu vertreten. Um dies zu erreichen, muss eine Ökonomie und Wissenschaft zukünftiger Generationen erarbeitet werden.
Die Diskussion des Roundtables basierte auf den folgenden Zielen, die die UN Stifung in ihrem Bericht veröffentlichte:
1. Berücksichtigung des demografischen Wandels in Bezug auf zukünftige Generationen
2. Herausarbeitung einer zukunftsgerichteten Wissenschaft und Wirtschaft
3. Implementierung zukünftiger Generationen in Institutionen
Bojan Francuz, Programmbeauftragter des Center for International Cooperation der New York University, moderierte die erste Stunde der Veranstaltung zu der Frage, wie langfristiges generationenübergreifendes Denken in Bereichen wie Gesundheit, Finanzsysteme, Umwelt, Frieden und Digitalisierung erreicht werden kann – statt, wie bisher, kurzfristigem Denken, das die Entscheidungsfindung in Wirtschaft und Politik durchdringt, den Vorzug zu geben.
Die zweite Stunde der Veranstaltung wandte sich unter der Leitung von Harshani Dharmadasa, einer Vertreterin der UN Stifung, dem “Wie” zu: Wie können wir globale Risiken abmildern, die die Existenz oder das Gedeihen künftiger Generationen gefährden könnten? Welche Prozesse, Strukturen und Institutionen sind notwendig, damit das multilaterale System generationenübergreifende globale öffentliche Güter bereitstellen kann?
Hier waren nun konkrete Lösungsansätze gefragt. Wir sind an dieser Stelle an die Vertraulichkeit des Treffens gebunden, daher können wir nur herzlich einladen, den Future Summit 2023 zu verfolgen.
Stellungnahme der SRzG
Auch wenn sich die SRzG vordergründig mit der deutschen Politik beschäftigt, lassen sich die universellen Ziele und demokratischen Grundsätze, die wir für Deutschland fordern, auch auf den internationale Kontext anwenden. Zukunftsgerichtete Politik kann angesichts der immer größeren Möglichkeiten zu heilen und zu zerstören nicht mehr nur den Wohlstand unserer Kinder im Auge behalten, sondern muss darauf ausgerichtet werden, auch Folgegenerationen reaktionsfähig für existenzielle Krisen und Gefahren zu machen.
Die folgenden Foderungen, die auf dem Positionspapier der „Sieben Bausteine für eine zukunftsgerechtere Demokratie” der SRzG basieren, stehen für den Standpunkt der SRzG in dieser Diskussion:
1. Errichtung eines Zukunftsrats,
der über eigene Expertise verfügt um Policy-Analysen und Empfehlungen zu Fragen der Zukunftsgerechtigkeit abgeben zu können.
2. Stärkung der Nachhaltigkeitsprüfung für Regelungsvorhaben,
die, ähnlich wie der IPCC in Form von unabhängiger Prüfinstanz nationale Regelungen und die Durchführung von Absichtserklärungen dokumentieren.
3. Reformierung der SDGs,
da die SDGs 2030 auslaufen und voraussichtlich nicht erfüllt werden, fordert die SRzG eine Revision. Im Vordergrund muss eine Ordnung nach Dringlichkeit und Realisierbarkeit stehen. Darüber hinaus müssen die SDGs ergänzt und konkretisiert werden, zum Beispiel in Form von Nachhaltigkeitsstrategien, die von der UN unabhängig ausgewertet werden.
4. Einrichtung eines Zukunftstags,
das heißt eine jährliche Abhaltung eines future Summits/Tages der Rechte zukünftiger Generationen, um verschiedene Shareholder (Medien, Interessenverbände, politische Akteure) zu vereinen und Fortschritte zu dokumentieren, sowie öffentliche Aufmerksamkeit zu erhöhen.
5. Aufstellung von Bürgerräten für die Zukunft,
denn die Einbindung von NGOs und Bürger:innen in die Gestaltungsprozesse ist eine entscheidende Voraussetzung für ihr Gelingen und die Wahrung demokratischer Grundsätze.
Die Stiftung steht mit diesen Positionen vor allem für das Recht der zukünftigen Generationen ein, ihr Schicksal selbst noch in bedeutungsvollem Umfang steuern zu können. Dies ist nur möglich, wenn wir ihnen diesen Entscheidungsspielraum bewahren.
Die UN ist und bleibt ein bedeutungsvoller Akteur in der internationalen Bewegung für mehr Generationengerechtigkeit. Diese Diskussion unterstützt das Potential internationaler und interdisziplinärer Plattformen. Ob diese Initiative aber mehr als bloßes Schmückwerk ist zeigt sich erst, wenn durch Handlungsleitlinien und Vorschlägen für Regularien Veränderungen in den Mitgliedsstaaten angestoßen werden.