Unsere Botschafterin Rebecca ist auch eine der zwei deutschen UN-Jugenddelegierten für Nachhaltige Entwicklung. Gemeinsam mit ihrem Delegierten-Kollegen Felix nahm sie im September 2019 an den Klimagipfeln in New York teil. Sie berichten hier von ihren Erlebnissen, von Jugendbeteiligung, Politik auf der ganz großen Bühne und vom langen Weg zu nachhaltiger Entwicklung.
Hi! Wir sind Rebecca und Felix, die deutschen Jugenddelegierten für Nachhaltige Entwicklung!
Wir sind das ganze Jahr über unterwegs, um in Schulen, Jugendverbänden und Vereinen mit jungen Menschen über die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen zu sprechen. Angesichts der Krisen, Konflikte und planetarer Grenzen müssen wir die heutige Welt zu einer wirklich nachhaltigen Welt transformieren, wenn wir den jungen und die zukünftigen Generationen einen lebenswerten Planeten und Gesellschaft erhalten wollen. Und wir sind davon überzeugt: Mit der 2030 Agenda für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen haben wir einen Masterplan für eine bessere Welt. Seit 2015 haben wir 17 elementare Ziele, die wir bis 2030 erreichen wollen – erreichen müssen. Die 17 SDGs mit ihren 169 Unterzielen und 200 Indikatoren zeigen uns im Grunde ziemlich detailliert auf, welchen Weg wir zu gehen haben.
Mit dieser Überzeugung begleiten wir als offizielle Jugenddelegierte die deutsche Regierungsdelegation auf UN-Nachhaltigkeitskonferenzen, allen voran auf das sogenannte High Level Political Forum on Sustainable Development (HLPF). Das HLPF ist das zentrale Gremium der UN, welches den Umsetzungsstand der 2030 Agenda für Nachhaltige Entwicklung und den zugehörigen SDGs überprüfen soll. Dazu stehen jedes Jahr einige SDGs besonders im Fokus. Nach vier Jahren HLPF ist der erste Überprüfungszyklus abgeschlossen. Nun stand der große SDG-Gipfel an, bei dem die Staats- und Regierungschefs gemeinsam Impulse für den kommenden (4-jahres) Zyklus setzen sollen. (Bereits 2015, in dem Jahr in dem die SDGs beschlossen wurde, wurde vereinbart, dass es nach Ablauf des ersten Überprüfungszyklus einen Gipfel geben soll, bei dem die Staats- und Regierungschefs auf höchster Ebene mit Nachhaltiger Entwicklung beschäftigen.)
Das ist auch bitter nötig, denn die Umsetzung der SDGs verläuft leider mehr als frustrierend und die Staaten kommen den Versprechungen, die sie im Jahr 2015 gemacht haben, nämlich diese Welt bis 2030 nachhaltig zu transformieren, nicht nach. Der SDG Summit, der am 24. Und 25.9. stattfand, sollte die Versprechungen – nun hoffentlich wirksam – erneuern und Leitlinien für einen besseren Überprüfungsmechanismus beim HLPF ziehen.
Der SDG Summit reiht sich damit in eine ganze Gipfelwoche der Vereinten Nationen ein: So fanden in dieser Woche neben dem Klimaaktionsgipfel am Montag, dem SDG-Gipfel am Dienstag und Mittwoch auch noch hochrangige Treffen zur Gesundheitsversorgung und zur Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit statt. Außerdem wurde die UN-Generalversammlung eröffnet.
Als Jugenddelegierte für Nachhaltige Entwicklung standen jedoch der Klimaaktionsgipfel und der SDG-Gipfel im Fokus unserer Arbeit. Neben dem weltweiten Klimastreik am Freitag, haben wir am Samstag, zusammen mit der Pia Jorks von der Klimadelegation e.V., auf dem ersten Jugendklimagipfel der Vereinten Nationen teilgenommen. Wahnsinn! 700 junge und engagierte Menschen aus der ganzen Welt, die dort zusammenkamen, um noch einmal unsere Forderungen an die Staats- und Regierungschefs zu kommunizieren: Wir müssen die Klimakrise stoppen und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen, um auch in Zukunft noch auf einem intakten Planeten leben zu können!
Das fordern wir auch in der von uns initiierten #AllinforClimateAction Kampagne (www.change.org/allinforclimateaction), einer Petitionsbewegung mit 1,5 Millionen Unterschriften in mehr als 80 Ländern und fünf Kontinenten, welche wir mit einigen Mitgliedern der Kampagne am Rande des Jugendklimagipfels in der SDG Mediazone vorgestellt haben.
Der Jugendklimagipfel war super energieladen und wir finden es gut, dass die UN zum ersten Mal einen Gipfel für Jugendliche anbot. Umso bedauerlicher ist es, dass dieser Spirit wenn überhaupt nur begrenzt auf den eigentlichen Gipfel überschlug. Zwar hat uns Greta Thunberg in ihrer emotionalen Rede aus der Seele gesprochen, abseits davon gab es auf den eigentlichen Gipfeln aber keine ernstzunehmende Jugendbeteiligung.
Am Abend haben wir uns dann noch mit Bundesumweltministerin Svenja Schulze getroffen. Wir konnten ermöglichen, dass sie einen „Youth Climate Pledge“ eine Selbstverpflichtung einiger Staaten, die von Irland und den Marshall Islands eigebracht wurde, unterstütze.
Mit diesem Pledge wollen wir erreichen, dass Generationengerechtigkeit und Jugendbeteiligung im Klimabereich und bei der Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens verbessert wird. Mit der Unterschrift der Ministerin endet für uns jedoch nicht das Lobbying für mehr Jugendpartizipation. Im Gegenteil: Wir werden jetzt genau beobachten, wie dieser Youth Climate Pledge in Deutschland umgesetzt wird und uns in diesen Prozess kritisch einbringen.
Außerdem haben wir mit Svenja Schulze über das deutsche Klimapaket gesprochen, das uns nicht ambitioniert genug ist. Mit den vorgeschlagenen Maßnahmen werden wir die selbstgesteckten 2030 Klimaziele, die auch schon nicht in Übereinstimmung mit dem 1,5 Grad Ziel stehen, nicht erreichen. Wir haben aber auch klar gemacht, dass wir als Weltgemeinschaft nicht nur bei der Bekämpfung der Klimakrise versagen, sondern auch vor anderen massiven Problemen stehen: Krisen, bewaffnete Konflikte, der Verlust der Biodiversität oder ausufernde Ungleichheiten, die Leben kosten oder Menschen zwingen, ihre Heimat zu verlassen. Unsere Antwort darauf ist eigentlich in der 2030 Agenda formuliert und die Umsetzung der SDGs ist der beste Weg, diese Krisen zu meistern.
Dass ein Großteil der deutschen Minister*innen und die Kanzlerin bereits am Dienstagabend, also nicht einmal nach der Hälfte des SDG-Gipfels abreiste, ist kein gutes Zeichen dafür, dass der Ernst der Lage und die Dringlichkeit der SDG Umsetzung verstanden wurde. Um die Delegierten daran zu erinnern, dass es höchste Zeit ist, die SDGs umzusetzen, haben wir uns eine kleine Aktion ausgedacht: Unsere Uhrensticker „It’s SDG o’clock“ haben wir den Delegierten auf die Uhren geklebt.
Während der Delegationsbesrpechung konnten wir unsere Sticker auch an die deutschen Regierungsmitglieder übergeben und auch Heiko Maas fand’s cool.
Im Vorfeld haben wir auch schon ein kleines Video zu It’s SDG o’clock aufgenommen, das wir während des Gipfels teilen konnten.
Mit unseren Europäischen Kolleg*innen haben wir noch ein gemeinsames Side Event zur intergenerationellen Zusammenarbeit zur Erreichung der SDGs durchgeführt und mit der niederländischen Vize-Außenministerin über Einflussnahme von jungen Menschen auf die Politik gesprochen. Für uns ist klar, dass wir alle Wege gehen müssen, um als Jugendliche von der Politik gehört zu werden: Über den Druck auf der Straße, die Mitarbeit in formellen Prozessen und durch direkte Gespräche mit Entscheidungsträger*innen.
Unser Fazit:
Insgesamt ziehen wir ein gemischtes Fazit von der Gipfelwoche. Während es richtig ist, dass Nachhaltigkeit wieder auf höchste Staats- und Regierungschefs adressiert wird, verbleibt bei uns dennoch das Gefühl, dass der Ernst der Lage wieder nicht richtig verstanden wurde. Es bleiben nur noch rund 10 Jahre bis wir die SDGs erreicht haben müssen. Die weiteren Verhandlungen, wie also das HLPF im nächsten Jahr aussehen wird, werden nun von den Ständigen Vertretungen der UN-Mitgliedsstaaten geführt. Wir haben bei den Gipfeln keine Gelegenheit auslassen, den heutigen Entscheidungsträger*innen die Dringlichkeit zum sofortigen Handeln vor Augen zu führen. Höchste Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und die Umsetzung ernsthaft anzugehen.
Rebecca Freitag und Felix Kaminski sind die deutschen UN-Jugenddelegierten für Nachhaltige Entwicklung. In dieser Funktion begleiten Sie die deutsche Regierungsdelegation zu UN-Verhandlungen. Dafür sind sie das ganze Jahr über in Deutschland mit jungen Menschen im Dialog und nehmen ihre Forderungen und Visionen mit zur UN.
Das Jugenddelegiertenprogramm wird vom Deutschen Bundesjugendring und vom Bundesumweltministerium getragen.
Mehr Infos zu dem Programm gibt es auf https://jugenddelegierte.dbjr.de