Nach den enttäuschenden Ergebnissen der Weltklimakonferenz in Baku, Aserbaidschan, fordert die SRzG eine Reform des Vergabeprozesses für die Weltklimakonferenzen. Diese Debatte wurde durch einen Offenen Brief namhafter Klimafachleute, initiiert vom Club of Rome, vor einem Jahr begonnen. Es muss künftig ausgeschlossen werden, dass die für die Zukunft der Menschheit so wichtige jährliche Weltklimakonferenz von Öl-Staaten ausgerichtet wird. Das autoritär regierte Aserbaidschan bezieht 90 Prozent der Exporterlöse laut internationaler Energieagentur aus dem Verkauf von Öl und Gas. Der Präsident, Ilham Aliyev, pries in seiner Eröffnungsrede zur 29. COP im November 2024 die fossilen Rohstoffe seines Landes als “gifts from God.”  Während des Verhandlungsprozesses erhielt die Delegation von Saudi-Arabien eine direkte Möglichkeit, den Abschlusstext zu beeinflussen. Wegen solchem Lobbyismus und der chaotischen Verhandlungsführung ist die Kompromiss-Formulierung von Dubai (COP28) zum Übergang weg von fossilen Energieträgern („transitioning away from fossil fuels“) nun ein Jahr später in Baku nicht mehr in den Abschlussdokumenten enthalten. Aus Sicht der SRzG ist das eine Katastrophe, denn die CO2-Emissionen der Menschheit und die CO2-Konzentration in der Atmosphäre nehmen ungebremst zu. Wenn die eigentliche Ursache des Klimawandels nicht adressiert wird, so werden auch die Kosten des Klimawandels – und damit der Streit um Finanzierungsfragen – nicht zu bewältigen sein. Statt 300 Milliarden oder langfristigen 1,3 Billionen US-Dollar jährlicher Klimafinanzierung, wie in Baku beschlossen, wird dann logischerweise in Zukunft ein immer größerer Betrag nötig sein, um die weiter voranschreitenden Klimaschäden zu bezahlen.

Die SRzG spricht sich dafür aus, ab der 30. COP einen Hauptsitz und ein festes Sekretariat in Brasilien einzurichten. Der Vergabeprozess, nach der die Weltklimakonferenz von Kontinent zu Kontinent wandert, würde dadurch beendet. Das Land Brasilien ist eine Demokratie im Globalen Süden, die große Regenwälder beherbergt und eine Schlüsselrolle bei diesem Kipp-Punkt des Weltklimasystems einnimmt. Tatsächlich findet die „Sommerausgabe“ der Klimaverhandlungen, die Sitzungen der UN-Klimarahmenkonvention, schon lange an einem Ort statt – nämlich in Bonn. SRzG-Botschafter Arthur Kießling, der in Bonn und Baku war, führt aus: „Der bisherige Prozess muss reformiert werden. Die Präsidentschaft des jeweiligen Landes ist weit mehr als ein formeller Zeremonienmeister – sie hat erheblichen Einfluss auf das Endergebnis der Verhandlungen, das oft durch die eigenen wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen geprägt wird.“

Die SRzG wendet sich aber auch gegen Stimmen, den COP-Prozess für gänzlich entbehrlich halten. Die Klimakrise ist eine globale Krise, die nur multilateral gelöst werden kann. Eine große jährliche Klimakonferenz sorgt zudem dafür, dass die Länder, die am stärksten von Klimaschäden betroffen sind, Aufmerksamkeit in den Medien erhalten. Deswegen muss auch weiterhin jährlich eine COP stattfinden – allerdings in einem günstigeren Umfeld als bisher. Angesichts der Dringlichkeit des Klimaschutzes können wir uns keinen Stillstand mehr leisten. Es ist höchste Zeit, ein Format zu etablieren, das jährliche Fortschritte bei der Reduktion von CO2-Emissionen konsequent fördert, anstatt sie zu behindern. Dabei müssen die Petrolstaaten weiterhin Teil der Verhandlungen bleiben, denn ohne ihre Transformation kann der globale Klimaschutz nicht gelingen. Aber durch ein festes Sekretariat in Brasilien würde verhindert, dass sie ein überproportionales Gewicht bei den Verhandlungen bekommen können.

Mehr rund um die diesjährigen COP in Baku finden Sie in der neuen Folge „Negotiating Tomorrow: COP29’s Impact on Intergenerational Fairness“ des englisch-sprachigen SRzG-Podcasts. Gastgeberin und SRzG-Projektmanagerin Lena Winzer hat sich dafür mit Arthur Kießling unterhalten, der bei der COP29 hautnah dabei war und die SRzG dort vertrat. Gemeinsam analysieren sie, was hinter den Kulissen der diesjährigen Konferenz passiert ist. Außerdem geht es um weitere zentrale Themen der COP29, wie die Finanzierungslücke, sowie die Fortschritte in der Methanreduzierung und den höchst-problematischen Umgang mit fossilen Brennstoffen. Ab sofort – überall wo es Podcasts gibt.