Welche Gesetze stärken die Generationengerechtigkeit – und welche schwächen sie?

Was das historische Klimagutachten des IGH für die Generationengerechtigkeit bedeutet
September 12, 2025
Oktober 14, 2025

Jason Adolph (SRzG–Praktikant).

Mit dem Legislativ-Preis nimmt die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen (SRzG) alle vier Jahre im nachhinein eine ganze Legislaturperiode im Hinblick auf alle darin verabschiedeten Gesetze in den Blick. Die SRzG prüft, welches Gesetz das beste und welches das schlechteste im Sinne der Generationengerechtigkeit war. Um für den Positiv-Preis ausgewählt zu werden, muss sich ein Gesetz im Sinne der Generationengerechtigkeit besonders verdient gemacht haben, indem es eine Problematik zu Lasten zukünftiger Generationen beseitigt oder sie vor drohenden Lasten geschützt hat. Der Negativ-Preis wird hingegen jenen Gesetzen verliehen, die das Gegenteil bewirken.

Das ausgewählte Gesetze bzw. Urteil für 2021-2025 zeigen eindrucksvoll, wie Entscheidungen zukünftige Generationen entweder vor Mehrlasten schützen oder diese Lasten in die Zukunft verschieben.

Legislativ-Preis 2025: Das Treffen zweier alter Bekannter

Beim Legislativ-Preis 2025 tauchen alte Bekannte auf, aber dieses Mal in umgekehrter Rolle. Während die erste Novelle des Klimaschutzgesetzes 2021 noch den Positiv-Preis erhielt, bekommt die zweite Novelle des Klimaschutzgesetzes der Ampel-Regierung den Negativ-Preis für die Legislaturperiode 2021–2025. Zugleich wurde erneut ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts mit dem Positiv-Preis ausgezeichnet – diesmal das Urteil zur Schuldenbremse vom 15. November 2023.

Für beide Preise sind ein ausführliches Dossier sowie ein schön gestaltetes Booklet auf Deutsch und Englisch verfügbar.

Warum der Legislativ-Preis wichtig ist

Gesetze prägen unsere Zukunft, oft weit über die jeweilige Legislaturperiode hinaus. Der Legislativ-Preis der SRzG setzt genau hier an: Er macht sichtbar, welche politischen Entscheidungen Verantwortung für kommende Generationen übernehmen und welche diese Verantwortung verweigern. In einer Zeit, in der kurzfristige Interessen häufig dominieren, schafft der Preis ein Gegengewicht. Er würdigt mutige Gesetzgebung, die ökologische, finanzielle Generationengerechtigkeit miteinander denkt und kritisiert Regelungen, die Lasten in die Zukunft verschieben. So wird Generationengerechtigkeit nicht nur eingefordert, sondern konkret messbar gemacht.

Positiv-Preis 2025: Ein Meilenstein für die Generationengerechtigkeit – BVerfG-Urteil zur Schuldenbremse

Für den Positiv-Preis für die Legislaturperiode 2021-2025 wurde mal wieder ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ausgewählt. Dieses Mal das historische Urteil zur Schuldenbremse vom 15. November 2023 zum zweiten Nachtragshaushalt von 2021. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte vor dem BVerfG geklagt, dass die Umwidmung von 60 Milliarden Euro aus den Corona-Notlagenkrediten in den Klima- und Transformationsfonds gegen das Grundgesetz verstoße. Das Gericht erklärte das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 für nichtig und stellte damit klar: Haushaltsmittel dürfen nicht beliebig zwischen Jahren verschoben werden – insbesondere nicht unter Umgehung der Schuldenbremse.

Besonders bedeutsam für die SRzG ist, dass das BVerfG die Argumentation der Bundesregierung zurückgewiesen hat, wonach Notlagenkredite für zukunftsgerichtete Investitionen zwischen Haushalten verschoben werden dürften – eine Auffassung, die das Gericht klar ablehnt. Damit verhindert das BVerfG, dass ökologische gegen finanzielle Generationengerechtigkeit ausgespielt werden. Darüber hinaus zeichnet die SRzG das Urteil mit dem Positiv-Preis aus, weil es zukünftige Generationen vor finanzieller Mehrbelastung schützt. Indem das Gericht Haushaltsklarheit und Nachhaltigkeit einfordert, sichert es den finanziellen Handlungsspielraum zukünftiger Generationen und schützt sie vor erhöhten Zinslasten. Zudem hat das BVerfG die Schuldenbremse als ein generationengerechtes Instrument nachhaltiger Fiskalpolitik bekräftigt und gestärkt.

Eine ausführliche Analyse und Bewertung des BVerfG-Urteils sind in unserem Dossier nachzulesen.

Negativ-Preis: 180-Grad Wende beim Klimaschutzgesetz – Die zweite Novelle des Klimaschutzgesetzes aus dem Jahr 2024

Im Jahr 2021 erhielt die erste Novelle des Klimaschutzgesetzes noch den Positiv-Preis für ambitioniertere Klimaschutzziele und den Schutz zukünftiger Generationen. Drei Jahre später verabschiedete die Bundesregierung die zweite Novelle des Klimaschutzgesetzes mit dem Ziel, den Steuerungsmechanismus zu verbessern. Diese zweite Novelle schaffte die Sektorenziele der einzelnen Bundesressorts ab und ersetzte sie durch eine mehrjährige Gesamtemissionsmenge. Der Steuerungsmechanismus wurde dahingehend verändert, dass die Bundesregierung erst handeln muss, wenn die Klimaziele für die ausgewählte Periode (2021–2030) in zwei aufeinanderfolgenden Jahren verfehlt werden.

Die SRzG begründet die Vergabe des Negativ-Preises an die zweite Novelle des Klimaschutzgesetzes mit folgenden Punkten:

  • Sie schwächt zentrale Steuerungsmechanismen
  • Führt keine ambitionierteren Reduktionsziele ein
  • Löst sektorale Zielvorgaben und Ressortverantwortung auf
  • Verschiebt Verantwortung in die Zukunft

Die zweite Novelle des Klimaschutzgesetzes verstößt gegen das Prinzip der Generationengerechtigkeit, weil heutige Generationen weiter CO₂ emittieren können, ohne drastisch unter den Folgen des Klimawandels zu leiden. Zukünftige Generationen müssen hingegen nicht nur unter den verschlimmerten Folgen des Klimawandels leiden, sondern zugleich befürchten, dass ihre Freiheitsrechte eingeschränkt werden, um den notwendigen Klimaschutz nachzuholen.

In einer Zeit, in der die Wissenschaft nachdrücklich warnt, verwässert Deutschland den Klimaschutz. Das Versäumnis, jetzt in den Klimaschutz zu investieren, belastet kommende Generationen finanziell, gesundheitlich und in ihrer Freiheit. Da das Gesetz es verfehlt, zukünftige Generationen vor drohenden Lasten zu schützen, wurde es von der SRzG mit dem Negativ-Preis ausgezeichnet.

Eine ausführliche Analyse und Bewertung der zweiten Novelle sind in unserem Dossier nachzulesen.

Weitere Entwicklungen zum Legislativ-Preis

Außerdem hat das Büroteam die deutsche und englische Webseite optisch überarbeitet.
Zudem sind nun auch einzelne Dossiers der Legislaturperiode 2017-2021 auf Englisch verfügbar. Viel Spaß beim Stöbern!