Teil 7 der Stellungnahme: Wehr- und Zivildienst

Teil 6 der Stellungnahme: Gesundheit und Pflege
Juli 28, 2025
Teil 8 der Stellungnahme: Bildung
Juli 29, 2025
Juli 29, 2025

Die SRzG untersucht den schwarz-roten Koalitionsvertrag in einer Serie von Blogbeiträgen. Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich mit dem Thema Wehrdienst/Pflichtzeit, wofür momentan Pläne im Verteidigungsministerium konkretisiert werden. Parallel dazu werden in Politik und Öffentlichkeit noch die zwei folgenden Alternativen diskutiert:

  1. Eine Wiedereinführung der „alten“ Wehrpflicht: Die im Grundgesetz in Art. 12a geregelte Wehrpflicht ist nur ausgesetzt. Sie könnte mit einfacher Bundestagsmehrheit wiederbelebt werden. Das würde aber grundlegend der Geschlechtergerechtigkeit widersprechen. Nach allgemeinem Verständnis einer gleichberechtigten Gesellschaft kann sich eine gesellschaftliche Pflichtzeit nicht nur auf ein Geschlecht (Männer) beziehen.
  2. Eine soziale Dienstzeit für junge Menschen beiderlei Geschlechts: Hierfür bräuchte es eine Zwei-Drittel-Mehrheit zur Änderung des Grundgesetzes. Ein solches Modell wäre dann zwar geschlechtergerecht, aber nicht generationengerecht. Ältere Menschen haben lang genug junge Menschen zum Militär (oder zu Ersatzdiensten) geschickt und das Ganze von der Seitenlinie beobachtet. Eine solche Gerontokratie brauchen wir heute nicht mehr.

Das steht im Koalitionsvertrag:

  • Die neue Koalition wird sich bezüglich des Wehrdienstes am schwedischen Modell orientieren: „Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert. Für die neue Ausgestaltung dieses Dienstes sind die Kriterien Attraktivität, Sinnhaftigkeit und Beitrag zur Aufwuchsfähigkeit leitend. Wertschätzung durch anspruchsvollen Dienst, verbunden mit Qualifikationsmöglichkeiten, werden die Bereitschaft zum Wehrdienst dauerhaft steigern. Wir orientieren uns dabei am schwedischen Wehrdienstmodell.“ (KoaV S.130)
  • Zum Thema Freiwilligendienste heißt es: „Wir stärken die Freiwilligendienste, stellen die überjährige Finanzierung sicher und bauen die Strukturen und Plätze sukzessive aus. Wir wollen einen Freiwilligendienst Bevölkerungsschutz implementieren, in den wir Modellprojekte des freiwilligen Handwerksjahres gemeinsam mit den Handwerkskammern integrieren. Wir wollen es Jugendlichen ermöglichen, sich unabhängig vom Geldbeutel der Eltern für einen Freiwilligendienst zu entscheiden.“ (KoaV S.104)

Die Position der SRzG:

  • Die SRzG kritisiert, dass die Koalitionäre bei sozialen Diensten weiterhin auf Freiwilligkeit setzen wollen.  Mit einem Freiwilligendienst kann man nicht die gesellschaftlichen Wirkungen erzielen, die angesichts der großen Herausforderungen gebraucht werden. Denn dadurch erreicht man hauptsächlich Menschen, die ohnehin schon sehr engagiert sind. Die Vorschläge der neuen Koalition werden also weder die Personalnot der Bundeswehr lindern noch das soziale Engagement in der Gesellschaft wirksam stärken.
  • Die SRzG fordert eine generationenübergreifende gesellschaftliche Pflichtzeit. Das bedeutet, dass nicht nur junge Menschen, sondern auch ältere Menschen geschlechtsunabhängig einen zweijährigen Pflichtdienst leisten – idealerweise ein Jahr vor Berufseinstieg und ein Jahr vor Renteneintritt. Durch diese Pflichtzeit könnte der Personalmangel im sozialen Bereich gemildert und die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und der EU gestärkt werden. Care-Arbeit wie Kindererziehung und Pflege älterer Angehöriger sollten angerechnet werden. Im Koalitionsvertrag findet sich keine Idee, die alle Generationen mitdenkt. Doch genau diese Frage muss sich unsere Gesellschaft in einer Zeit stellen, in der die Lasten zwischen den Generationen immer ungleicher verteilt sind.

Aus einer nach dem SRzG-Modell ausgestalteten Pflichtzeit ergeben sich folgende Vorteile:

  • Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts zwischen Jung und Alt
  • Sinnvolle Erfahrungen und Orientierung für junge Menschen
  • Minderung von Personalmängeln bei Bund und Pflege
  • Bekämpfung sozialer Isolation älterer Menschen
  • Idealerweise mit Einsatzstellen in der gesamten EU

Zum Kontext: Die SRzG untersucht den Koalitionsvertrag in einer ausführlichen Stellungnahme auf das Thema Generationengerechtigkeit. Darin fokussiert sie sich auf zentrale Politikfelder wie Begriffliche Verankerung der Generationengerechtigkeit, Institutionelle Reformen, Klimaschutz, Umwelt und Energie, Atomare Endlagerung, Staatsverschuldung und Investitionen, Alterssicherung, Gesundheit und Pflege, Wehrdienst und Bildung.