Gerontokratie live: Rentenabstimmung im Bundestag

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Die Abgeordneten aus CDU/CSU (minus die meisten Unter35jährigen) sowie die gesamte SPD haben das Rentenpaket 2025 beschlossen: Rentenniveaustabilisierung bei 48% bis 2031, Mütterrente, Aktivrente. Mit 318 Ja-Stimmen aus der Koalition hatte die Regierung letztlich eine sehr knappe eigene Mehrheit. Indem sie das Gesetz trotz des ungebrochenen Widerstands der jungen CDU/CSU-Abgeordneter zur Abstimmung gestellt hatte, war sie aber auf die Enthaltung der Linkspartei (die ein noch viel höheres Rentenniveau von 53% fordert) angewiesen gewesen.

Die Festschreibung des Rentenniveaus widerspricht einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik. Wenn weniger Menschen in die Rente einzahlen, die Ausgaben jedoch in Form eines Mindestrentenniveaus festgeschrieben werden, führt dies unweigerlich zu einer Einnahmen-Ausgaben-Schieflage. Die Politik kann die Mathematik nicht aushebeln, d.h. sie muss massiv zu Gunsten der Älteren umverteilen: entweder über mehr Steuerzuzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung (gRV) oder über steigende Rentenversicherungsbeiträge. Die Grafik zeigt, dass der Bundeszuschuss in die gRV bereits jetzt rund 25% aller Steuereinnahmen des Bundes beträgt und nun wegen dem Rentenpaket 2025 in den nächsten Jahren bis auf 30% ansteigt – Geld, dass an anderer Stelle fehlt und Löcher in die Staatskasse reißt.

Datenquelle: German Pension Simulation

Der ausgesetzte Nachhaltigkeitsfaktor
Der Nachhaltigkeitsfaktor war 2004/2005 von einer rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder beschlossen worden, um die ab 2025 entstehenden, absehbaren Kosten des Ruhestandseintritts der Babyboomer fair zwischen den Generationen zu verteilen. Dass eine rot-grüne Regierung diese Maßnahme ergriffen hatte, zeigt, dass es weniger um Rechts-Links als vielmehr um einen Alt-Jung-Konflikt geht. Nach geltendem Recht hätte der Nachhaltigkeitsfaktor ab 2026 gegriffen, jetzt wird er für fünf entscheidende Jahre ausgehebelt. Würde die 48%-Fixierung des Rentenniveaus nicht nur bis 2031, sondern darüber hinaus bis 2045 beibehalten, so entstünde ca. eine halbe Billion € an Extrakosten – es wäre das teuerste Sozialgesetz des Jahrhunderts. Und dies zugunsten der älteren Generation, die im Durchschnitt die reichste der drei Generationen ist. Es ist unbestritten, dass es auch arme Senior:innen gibt in Deutschland. Aber wer Altersarmut vermeiden will, der könnte zwischen reichen und armen Ruheständlern umverteilen, wie es das DIW vorgeschlagen hat.
Eigentlich war ein Herbst der Strukturreformen von der Bundesregierung angekündigt worden. Es sollte nicht vergessen werden, dass diese Bundesregierung so viel Schulden aufgenommen hat, wie keine davor, wodurch die junge Generation langfristig massiv belastet werden wird. Nur mit dem Willen zu einer Reformagenda ist das im März 2025 durch Grundgesetzänderung beschlossenen Sondervermögen bzw. Sonderschulden von 500 Mrd. Euro zu rechtfertigen. Aber dieser Wille ist nicht vorhanden, vielmehr geht es genau in die falsche Richtung.

Weitere Elemente des Rentenpakets 2025
Enthalten im heute verabschiedeten Rentenpaket ist auch die Ausweitung der Mütterrente, ein Lieblingsprojekt der CSU. Über Gerechtigkeitsfragen kann man streiten, aber auch hier gilt: die Älteren sollten kein Geld ausgeben, dass sie nicht haben. Es ist nicht gerechtfertigt, die jüngeren Mütter (als Teil der jüngeren Generation von Frauen) zu belasten, um ältere Mütter besser zu stellen. Auch dies widerspricht dem angekündigten Herbst der Reformen – statt zu sparen finden Leistungsausweitungen statt.

Die Aktivrente ist in ihrer fiskalischen Wirkung unklar. Anzumerken ist jedoch, dass sie bestimmten Personengruppen allein aufgrund ihres Geburtsjahrgangs einen Steuervorteil verschafft. Wenn dieser neue Grundsatz ins deutsche Steuersystem eingeführt wird, dann spräche auch nichts mehr gegen den Boomer-Soli.

Neben den Inhalten des Rentenpakets 2025 ist auch interessant, was nicht enthalten ist. Leider beweisen die Abgeordneten nicht das Verantwortungsbewusstsein und die Solidarität, sich selbst zu Mitgliedern der gesetzlichen Rentenversicherung zu machen. Stattdessen behalten sie weiter ihr lukratives Pensionsprivileg. Für eine Abschaffung des Art. 20 Abgeordnetengesetz hat die SRzG inzwischen 175.000 Unterschriften gesammelt, sowie eine Projektseite aufgebaut.

Ein neuer Generationenvertrag ist nötig
Will man einen fairen Generationenvertrag, so ist der Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel für die junge Generation nicht verhandelbar. Er darf nicht ausgesetzt werden. Wer den Nachhaltigkeitsfaktor aushebelt, der kündigt den Generationenvertrag in seiner jetzigen Form auf. Die heutige Abstimmung (und ihre Vorgeschichte , nämlich dass die mutigen jungen Abgeordneten unter Druck gesetzt wurden und ihnen mit dem Entzug ihrer Listenplätze gedroht wurde) ist ein trauriger Beweis, dass der Bundestag ein gerontokratisches, zukunftsvergessenes Gremium geworden ist.

Zum Weiterlesen:
SRzG-Positionspapier Renten und Pensionen (5. Auflage, Mai 2025)         
SRzG-Positionspapier Erwerbstätigenversicherung (1. Auflage, Mai 2024)

Blogbeiträge der SRzG zu diesem Thema:
https://generationengerechtigkeit.info/aktuell/geplante-rentenkommission/
https://generationengerechtigkeit.info/aktuell/schluss-mit-dem-theater/
https://generationengerechtigkeit.info/aktuell/koav-alterssicherung/
https://generationengerechtigkeit.info/aktuell/boomer-soli/
https://generationengerechtigkeit.info/aktuell/lars-klingbeil/
https://generationengerechtigkeit.info/aktuell/pp-rente-pensionen/
https://generationengerechtigkeit.info/aktuell/reform-der-abgeordnetenpension-im-naechsten-bundestag/
https://generationengerechtigkeit.info/aktuell/pm-rentenpaket-2024/