Mit den neuen 500 Mrd. € Sondervermögen aus dem Jahr 2025 erklimmt der deutsche Staatsschuldenberg immer neue Höhen: Nachdem die in 2009 eingeführte Schuldenbremse dazu beitrug, die Schuldenquote zu reduzieren, sodass sie 2019 zum ersten Mal wieder unter 60% des Maastrichtkriteriums lag, stieg sie aufgrund der Corona-Pandemie, eines geringen Wirtschaftswachstums und des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Anfang der 2020er-Jahre wieder an.

Neben diesen externen Ursachen verleitet der politische Wettbewerb zur Kreditfinanzierung von StaatsÂausgaben. Da die Zinslasten erst in Zukunft spürbar werden, während die positiven Folgen von Ausgaben für Soziales oder Subventionen hingegen bereits die heutige Wählerschaft befriedigen, entstehen strukturelle Anreize, kurzfristige Mehrausgaben und „Wahlgeschenke“ über Schulden zu finanzieren, etwa die Mütterrente. Ein zweiter Effekt dieser ‚Gegenwartspräferenz‘ ist, dass auch zu wenig in die Zukunft investiert wird.
Empirische Untersuchungen in vielen Demokratien belegen, dass die Neuverschuldung umso höher ausfällt, je mehr Parteien in der Regierungskoalition vertreten sind. Je unterschiedlicher die Programme der Koalitionspartner sind, desto wahrscheinlicher ist die Abwahl einer Regierung und desto kürzer ist die durchschnittliche Amtszeit einer Regierung. Kurz: Je schwächer eine Regierung, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihren Machterhalt mit Hilfe zusätzlicher Kredite „erkauft“.
Zudem kann ein hoher Schuldenstand eine bedenkliche Schuldenspirale einleiten, wenn die höheren Zinslasten zu einer höheren Kreditaufnahme zwingen, die die Verschuldung erhöht und zusätzliche Zinsforderungen auslöst, die wiederum durch neue Schulden beglichen werden – ein Teufelskreis aus wachsendem Schuldenberg und wachsenden Zinslasten, der sich selbst ernährt. Wenn man bedenkt, wie unvorhergesehene Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg die Staatsverschuldung erhöhen, ist es für den Staat wünschenswert, in Normalzeiten eine geringe Schuldenstandsquote zu haben (60 % nach dem Maastrichtkriterium), um zu verhindern, dass künftige Generationen von den Zinslasten erdrückt werden.
Folgen
Ziel einer generationengerechten Finanzpolitik ist eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Generationen. Dafür gilt die Grundformel: Niedrige Staatsschulden bei gleichzeitig hoher Investitionsquote! Es gilt eine differenzierte Strategie: wie öffentliche Schulden durch eine Doppelstrategie aus weniger Ausgaben und höheren Einnahmen abgebaut werden können. Dies muss nicht die völlige Tilgung der Staatsschulden oder ein absolutes Verschuldungsverbot bedeuten. Dabei dürfen Schulden nicht den dauerhaften Staatskonsum finanzieren.
Eine Generation darf durch ihre Finanzpolitik nicht mehr Kapital (aller Art) verbrauchen, als sie neu aufbaut. Nach Möglichkeit sollte sie die gesamte Generationenbilanz verbessern, d.h. mehr hinterlassen als sie selbst von ihrer Vorgängergeneration empfangen hat. Es kommt nicht nur auf das Finanzvermögen an, sondern auch auf das Umweltkapital usw. Deshalb braucht es neben einer Schuldenbremse auch eine grundgesetzlich verankerte Investitionsquote für Neuinvestitionen in das staatliche Vermögen.
Die bloße Höhe der absoluten Staatsverschuldung oder das bloße Haushaltsdefizit sagen isoliert betrachtet noch nichts über das Leistungsverhältnis zwischen den Generationen aus. Wenn die Wirtschaft schneller wächst als die Verschuldung, kann die Schuldenlast von der stärker wachsenden Wirtschaft leichter geschultert werden. Aussagekräftigere Indikatoren sind die Schuldenstandsquote, d.h. die Relation der Verschuldung zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sowie die Zins-Steuer-Quote und die Zins-Ausgaben-Quote, d.h. der Anteil der Zinslasten am Steueraufkommen bzw. an den Ausgaben. Da das Zinsniveau jedoch aufgrund externer Faktoren schwankt, können auch diese Quoten in die Irre führen. So lag die Zins-Steuer-Quote 2002 bei 14,9% bei einem Schuldenstand von 61%, während 2010 die Zins-Steuer-Quote auf 10,9% gesunken war, obwohl zugleich der Schuldenstand auf 83% angestiegen war.
Staatliche Kreditaufnahme kann unter dem intergenerationellen Gerechtigkeitsgebot gerechtfertigt sein, wenn damit Zukunftsinvestitionen getätigt werden, von denen nachrückende Generationen profitieren. Diese „goldene Regel“ hat sich erfahrungsgemäß jedoch als lückenhaft erwiesen, da unter einem unscharf definierten Investitionsbegriff zahlreiche Ausgaben mit fraglicher ZukunftsÂwirkung subsumiert werden konnten und die Abnutzung der Investitionsgüter (Abschreibungen) nicht buchhalterisch erfasst wurde.
Ein zweiter legitimer Grund für Staatsverschuldung ist antizyklische Konjunktursteuerung, d.h. die Aufnahme von Schulden zur Bekämpfung einer wirtschaftlichen Rezession. Ein solches „deficit spending“ ist volkswirtschaftlich vernünftig, erfordert jedoch eine zeitnahe Begleichung der Schulden im Aufschwung. Jedoch besteht erfahrungsgemäß bei anziehender Konjunktur kein politischer Anreiz mehr, die erlittenen Schulden wieder abzutragen und sparsam zu haushalten. Vielmehr wird die bessere konjunkturelle Lage als Chance begriffen, die jeweilige politische Klientel zu versorgen. So türmte sich mit jeder Rezession ein Schuldensockel auf.
Ein dritter vertretbarer Grund für Staatsverschuldung ist in Ausnahmezuständen wie Pandemien, Naturkatastrophen oder zur Landesverteidigung. Deswegen kritisiert die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen auch nicht die Bereichsausnahme der 2025 reformierten Schuldenbremse. Denn es nützt den künftigen Generationen auch nicht, einen niedrigen Schuldenstand zu haben, wenn sie in einem Krieg oder in einem besetzten Land aufwachsen. Jedoch sollte die Verteidigungsausnahmeklausel wieder aus der Schuldenbremse herausgenommen werden, wenn sich die Bedrohungslage abschwächt.
Eine generationengerechte Finanzpolitik muss sowohl auf der Einnahme- als auch auf der Ausgabenseite ansetzen: durch kluges Sparen auf der einen Seite und eine hohe Investitionsquote auf der anderen. Es muss nicht nur klüger mit den bestehenden Haushaltsmitteln hantiert, sondern auch gleichzeitig in die Zukunft investiert werden. Zudem dürfen die politischen Akteure die 2025 reformierte Schuldenbremse nicht weiter verwässern, sondern ihre Rahmenbedingungen konsequent umsetzen.
Ziele
Ziel generationengerechter Finanzpolitik ist eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Generationen. Dies muss nicht die völlige Tilgung der Staatsschulden oder ein absolutes Verschuldungsverbot bedeuten. Es gilt vielmehr zu differenzieren, wie öffentliche Schulden durch eine Doppelstrategie aus weniger Ausgaben und höheren Einnahmen abgebaut werden können.
Eine Generation darf durch ihre Finanzpolitik nicht mehr Kapital (aller Art) verzehren, als sie neu aufbaut. Nach Möglichkeit sollte sie die gesamte Generationenbilanz verbessern, d.h. mehr hinterlassen als sie selbst von ihrer Vorgängergeneration empfangen hat. Es kommt nicht nur auf Finanzvermögen an, sondern auch auf Umweltkapital usw.
Die bloße Höhe der absoluten Staatsverschuldung oder das bloße Haushaltsdefizit sagen isoliert betrachtet noch nichts über das Leistungsverhältnis zwischen den Generationen aus. Wenn die Wirtschaft schneller wächst als die Verschuldung, kann die Schuldenlast von der stärkeren Wirtschaft leichter geschultert werden. Aussagekräftigere Indikatoren sind die Schuldenstandsquote, d.h. die Relation der Verschuldung zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, sowie die Zins-Steuer-Quote und die Zins-Ausgaben-Quote, d.h. der Anteil der Zinslasten am Steueraufkommen bzw. an den Ausgaben. Da aber das Zinsniveau aufgrund externer Faktoren schwankt, können auch diese Quoten in die Irre führen. So lag die Zins-Steuer-Quote 2002 bei 14,9% bei einem Schuldenstand von 61%, während 2010 die Zins-Steuer-Quote auf 10,9% gesunken war, obwohl zugleich der Schuldenstand auf 83% angestiegen war.
Staatliche Kreditaufnahme kann unter dem intergenerationellen Gerechtigkeitsgebot durchaus gerechtfertigt sein, wenn damit Zukunftsinvestitionen getätigt werden, von denen nachrückende Generationen profitieren. Diese „goldene Regel“ hat sich erfahrungsgemäß jedoch als lückenhaft erwiesen, da unter einem unscharf definierten Investitionsbegriff zahlreiche Ausgaben mit fraglicher ZukunftsÂwirkung subsumiert werden konnten und die Abnutzung der Investitionsgüter (Abschreibungen) nicht buchhalterisch erfasst wurde.
Ein zweiter legitimer Grund für Staatsverschuldung ist antizyklische Konjunktursteuerung, d.h. die Aufnahme von Schulden zur Bekämpfung einer wirtschaftlichen Rezession. Ein solches „deficit spending“ ist volkswirtschaftlich vernünftig, erfordert jedoch eine zeitnahe Begleichung der Schulden im Aufschwung. Jedoch besteht erfahrungsgemäß bei anziehender Konjunktur kein politischer Anreiz mehr, die erlittenen Schulden wieder abzutragen und sparsam zu haushalten. Vielmehr wird die bessere konjunkturelle Lage als Chance begriffen, das jeweilige politische Klientel zu versorgen. So türmte sich mit jeder Rezession ein Schuldensockel auf.
Eine generationengerechte Finanzpolitik muss sowohl bei der Einnahmen- als auch der Ausgabenseite ansetzen: durch kluges Sparen auf der einen Seite und eine intelligente Erhöhung der Einnahmen auf der anderen Seite. Zudem müssen die politischen Akteure die 2009 eingeführte Schuldenbremse auch wirklich betätigen.
Die Schuldenbremse im Grundgesetz
Die im März 2025 beschlossene Reform lockert die Schuldenbremse in einigen Punkten, behält jedoch das Prinzip eines strukturell ausgeglichenen Haushalts als Kernprinzip bei. Neu ist eine Bereichsausnahme für Verteidigungsausgaben: Sie werden ab über einem Prozent des nominalen BIP nicht mehr auf die Obergrenze der strukturellen Neuverschuldung von 0,35 % des nominalen BIP angerechnet. Zudem wurde ein Sondervermögen, das gezielt in Infrastruktur und Klimaschutz fließen soll, in Höhe von 500 Mrd. € für 12 Jahre geschaffen. Entscheidend ist das eingeführte Kriterium der „Zusätzlichkeit“: Die Mittel müssen in neue Investitionen fließen und nicht zur Entlastung des Kernhaushaltes dienen. Ein Teil der Gelder fließt in den Klima- und Transformationsfonds, wodurch der Begriff der Klimaneutralität erstmals in Art. 143h Eingang in das Grundgesetz erhält. Dazu wurde den Ländern ein begrenzter Verschuldungsspielraum von 0,35 Prozent des nominalen BIP zugewiesen.
Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen begrüßt die Schuldenbremse als ein wirksames Instrument zur Begrenzung der Staatsverschuldung, nachdem Regierungen und Parlamente die langfristigen Folgen für kommende Generationen lange ignoriert haben. Nun kommt es darauf an, wie die neuen Regeln in Bund und Ländern umgesetzt werden. Dazu müssen sie durch eine gesetzlich vorgeschriebene Investitionsquote ergänzt werden. Diesen Prozess wird die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen kritisch und konstruktiv begleiten.
Unsere Positionen
Weiterlesen
Die Schuldenbremse – Evaluation im nationalen und internationalen Kontext
Wissenschaftliche Beiträge des Generationengerechtigkeits-Preises 2011/2012
Die deutsche Schuldenbremse: Weg aus der permanenten Neuverschuldung
Dr. Gisela Meister-Scheufelen, Mitglied des Stiftungsbeirats, gibt einen Überblick über Hintergründe, Zustandekommen und mögliche Auswirkungen der neuen Schuldenbegrenzungsregeln.
Journal für Generationengerechtigkeit, Ausgabe: Nachhaltige Finanzpolitik
Zeitschrift mit Beiträgen u.a. des ehem. Bundesfinanzministers Hans Eichel, 2002
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Medienecho
Auf unserer Medienecho-Seite finden sich zahlreiche Beiträge der SRzG zum Thema Staatsfinanzen.
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Externe Informationen
Bertelsmann-Stiftung:Â Schulden- und Investitionsregel: Zwei Seiten einer Medaille?! (2017)
Zur Diskussion um die Verstetigung öffentlicher Investitionen in Deutschland
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