Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen vergibt seit 2013 jeweils am Ende der Legislaturperiode einen Preis für das generationengerechteste Gesetz in dieser Zeit. Es kommt aber auch vor, dass die SRzG sich für ein generationengerechtes Urteil für den Positivpreis entscheidet. Seit 2017 wird ebenfalls das ungerechteste Gesetz ausgezeichnet. Mit dem Legislativ-Preis nimmt die SRzG also eine ganze Legislaturperiode im Hinblick auf alle darin verabschiedeten Gesetze in den Blick und prüft, welches Gesetz das beste und welches das schlechteste im Sinne der Generationengerechtigkeit war. Um für den Positiv-Preis ausgewählt zu werden, muss sich ein Gesetz im Sinne der Generationengerechtigkeit besonders verdient gemacht haben, indem es eine Problematik zu Lasten der zukünftigen Generation beseitigt oder sie vor drohenden Lasten geschützt hat. Und der Negativ-Preis droht jenen Gesetzen, die genau das Gegenteil tun.
Die SRzG beobachtet in ihrer täglichen Arbeit das Geschehen rund um das Thema Generationengerechtigkeit sehr genau. Anhand eines Kriterienkatalogs wird eine Liste mit in Frage kommenden Gesetzen zusammengestellt. Zu jedem vorgeschlagenen Gesetz wird ein Dossier erstellt, in dem das Gesetz vorgestellt und anhand folgender Kriterien interpretiert wird:
- Auswirkung des Gesetzes
- Bezug zur Generationengerechtigkeit
- „Generationengerechtigkeit“ und „Nachhaltigkeit“ in der Begründung
- Grad der Innovation
- Vorbildfunktion
- Beteiligung junger Leute
- Ausarbeitung des Gesetzes
- zeitlicher Bestand
- Aktualität
Die Jury besteht aus dem Wissenschaftlichen Beirat der SRzG sowie dem Kreis der Vorstände und Botschafter*innen. Es werden alle nominierten Gesetze auf der Grundlage der Kriterien von der Jury bewertet. In einer großen Pressekonferenz in Berlin werden die Preise bekanntgegeben.
Ausgezeichnete Gesetze vergangener Legislaturperioden
Legislativ-Preis 2024
Positiv-Preis: Generationengerechtestes Gesetz
Als generationengerechtestes „Gesetz“ der Legislaturperiode der Ampel-Regierung wählt die SRzG erneut ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus. Ausgezeichnet wurde das Urteil zum Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021, das vom Gericht für nichtig erklärt wurde. Die Karlsruher Richter stellten klar: Haushaltsmittel dürfen nicht beliebig zwischen Jahren verschoben werden – insbesondere nicht unter Umgehung der Schuldenbremse. Das Urteil stärkt die finanzpolitische Verantwortung gegenüber künftigen Generationen und mahnt zu mehr Haushaltsklarheit und Nachhaltigkeit.
Ein ausführliches Dossier zum Urteil folgt noch.
Negativ-Preis: Generationenungerechtestes Gesetz
Den Negativ-Preis für die letzte Legislaturperiode vergibt die SRzG an die 2024 verabschiedete Novelle des Klimaschutzgesetzes. Mit der Reform wurden verbindliche CO₂-Einsparziele für einzelne Sektoren abgeschwächt und stattdessen eine Gesamtbetrachtung eingeführt – selbst wenn einzelne Bereiche wie Verkehr oder Gebäude ihre Klimaziele dauerhaft verfehlen. Das schwächt die Verbindlichkeit klimapolitischer Maßnahmen und verschiebt dringend notwendige Emissionsminderungen weiter in die Zukunft – zulasten der kommenden Generationen.
Auch hier folgt noch ein ausführliches Dossier zum Gesetz.
Legislativ-Preis 2021
Positiv-Preis: Generationengerechtestes Gesetz (bzw. Urteil)
Mit dem Legislativ-Preis nimmt die SRzG eine ganze Legislaturperiode in den Blick und prüft, welches Gesetz das beste und welches das schlechteste im Sinne der Generationengerechtigkeit war. Für die 19. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags (2017-2021) geht der Legislativ-Preis einen neuen Weg: Ausnahmsweise wird der Preis nicht für ein Gesetz, sondern für das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24.03.2021 vergeben.

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Der Inhalt
Das wegweisende Urteil geht auf eine von neun jungen Menschen miteingereichte Verfassungsbeschwerde über die mangelhaften Maßnahmen des ersten Klimaschutzgesetzes (2019) der Bundesrepublik Deutschland zurück, die die Erfüllung des 1,5°C-Ziels des Pariser Abkommens als unzureichend einstuft. Das Pariser Klimaabkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag, den 195 Vertragsparteien anlässlich der UN Klimakonferenz, englisch The United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), mit dem Ziel des Klimaschutzes als Nachfolge des Kyoto-Protokolls geschlossen hatten.
Das BVerfG befand das Klimaschutzgesetz teilweise als verfassungswidrig und unzureichend, die jungen und zum Teil minderjährigen Beschwerdeführenden zu schützen und ihnen auch in Zukunft ihr Freiheitsrecht zu gewährleisten.
Die Konsequenz war eine Nachjustierung des Klimaschutzgesetzes. Die vorgenommenen Änderungen manifestieren sich im 2021 verabschiedeten Klimaschutzgesetz. Darin hat sich die Bundesregierung auf neue Klimaschutzziele geeinigt: Die Emissionsreduktion von 65% bis 2030 (+10%) und von 88% bis 2040 im Vergleich zu 1990 sowie die Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 (-5 Jahre).
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Bewertung des Urteils
Die Jury begründet die Vergabe des Legislativ-Preises für das Urteil des BVerfG vom 24.03.2021 wie folgt:
Das wegweisende Urteil erklärt erstmalig einen konkreten Verstoß des Gesetzgebers gegen das Prinzip der Generationengerechtigkeit für verfassungswidrig und es ist davon auszugehen, dass dieser zukunftsweisende Richter:innenspruch das Verständnis der Rolle der Generationengerechtigkeit in Politik und Gesellschaft verändert.
Die starke Orientierung der Richter:innen an Art. 20 a GG, der auf die Pflicht zum Schutz künftiger Generationen verweist, ist bis dato einmalig. Das Urteil ist demnach als revolutionär zu charakterisieren, da es den Freiheitsbegriff neu deutet: Die Freiheit der heute lebenden Generationen wird durch die Freiheit künftiger Generationen begrenzt.
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1 Das Dossier zum novellierten Klimaschutzgesetz ist hier einsehbar.
2 Eine ausführlichere Beschreibung zum Inhalt ist im Positionspapier der SRzG zum Kohleausstieg unter Punkt 5.3.2. „Urteil des Bundesverfassungsgerichts und politische Reaktion“ zu finden.
3 Die Position der SRzG zum Urteil des BVerfG, u.a. mit Einschätzungen unserer Botschafter ist in der Pressemittteilung vom 21.05.2021 einsehbar.
Negativ-Preis: Generationenungerechtestes Gesetz
Der Legislativpreis für das generationenungerechteste Gesetz der vergangenen Legislaturperiode vergibt die SRzG an das von CDU/CSU und SPD verabschiedete „Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung“ verliehen. Besser bekannt ist es als Rentenpaket 2018. Den Negativpreis vergab die SRzG an das von CDU/CSU und SPD verabschiedete Rentenpaket 2018. Eine Beschreibung und ausführliche Bewertung des Gesetzes findet sich in diesem Dossier.
Der Inhalt
Der zentrale Bestandteil des Rentenpakets ist die Veränderung der Rentenformel und die Einführung der sogenannten „doppelten Haltelinie“. Dieser Mechanismus garantiert, dass das Rentenniveau nicht unter 48% sinken und gleichzeitig der Beitragssatz nicht über 20% steigen wird. Diese Regelung soll vorerst bis 2025 gelten. 2 Elemente des Gesetzes sind besonders relevant: Die Aushebelung des Nachhaltigkeitsfaktors und die Aussetzung des Nachholfaktors.
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Bewertung des GesetzesÂ
Die gesetzliche Rentenversicherung basiert auf dem Generationenvertrag, wobei heutige und künftige Arbeitnehmer:innen als die eine Partei und die heutigen Renter:innen als die andere angesehen werden. Das Rentenpaket kündigt diesen Generationenvertrag auf. Die Aushebelung des Nachhaltigkeitsfaktors verhindert eine faire Verteilung der finanziellen Lasten auf Rentenbeziehende und Beitragszahlende.
Der Nachhaltigkeitsfaktor wurde im Jahr 2005 eingeführt, um die Auswirkungen des demografischen Wandels zu dämpfen und um die Finanzierung der Renten zwischen Rentenbeziehenden und Aktiven zu teilen. Nötig war das wegen der zahlenmäßigen Verschiebung des Verhältnisses von Rentenbeziehenden zu Beitragszahlenden. Die Jüngeren zahlten etwas mehr Beiträge ein, während die Älteren etwas geringere Rentenerhöhungen bekamen. Dadurch wurde keine Generation bevorzugt oder benachteiligt. Dieser Mechanismus wurde mit dem Rentenpaket 2018 ausgehebelt.
Ein weiteres Element des Generationenvertrages, das den jüngeren Generationen vor der Verabschiedung des Rentenpakets zu Gute kam, war der Nachholfaktor. Dieser besagte, dass die Rentenentwicklung langfristig der Lohnentwicklung folgt. Eine Folge der Aussetzung kam durch die Corona-Krise zum Vorschein: Durch den coronabedingten Konjunktureinbruch sank der Normallohnindex. Durch die Aussetzung des Nachholfaktors führte dies jedoch weder zu einer Rentenanpassung noch zur Feststellung eines Ausgleichsbedarfs. Dies hatte zur Folge, dass sich die Schere zwischen Lohnempfänger:innen und Rentenbezieher:innen massiv öffnete.
Die neu gewählte Ampel-Koalition setzte den Nachholfaktor zwar wieder in Kraft, aber der Überschuss, der durch die Rentenerhöhung und die Aussetzung des Nachholfaktors an ältere Generationen ausgeschüttet wurde, wird damit nicht rückgängig gemacht. Dadurch hat das Rentenpaket die Finanzierungsprobleme der gesetzlichen Rentenversicherung weiter verschärft.
Legislativ-Preis 2017
Die SRzG vergibt 2017 zum zweiten Mal den undotierten Legislativ-Preis für das generationengerechteste Gesetz der 18. Legislaturperiode (2013-2017). Dieser soll ein Gesetz prämieren, das entweder eine Ungerechtigkeit zu Lasten der zukünftigen Generationen beseitigt oder die künftigen Generationen vor Lasten schützt. In Frage kommen alle denkbaren Gesetze auf Landes-, Bundes- oder EU-Ebene der 18. Legislaturperiode. Zum ersten Mal wurde 2017 auch das generationenungerechteste Gesetz der Legislaturperiode „ausgezeichnet“.
Vorschläge für preiswürdige Gesetze konnten bis zum 1. Mai 2017 eingereicht werden. Auf Grundlage der eingehenden Vorschläge kürte eine Fachjury bestehend aus Experten aus Wissenschaft, Politik und Zivilgesellschaft das generationengerechteste und generationenungerechteste Gesetz.
Der Legislativ-Preis wurde erstmals 2013 verliehen. Er ging damals an das Atomausstiegsgesetz des Deutschen Bundestags.
Positiv-Preis: Generationengerechtestes Gesetz
Der Legislativ-Preis 2017 für das generationengerechteste Gesetz der Legislaturperiode ging an das Elterngeld Plus Gesetz, das im Juli 2015 von der Bundesregierung verabschiedet wurde.
Der Inhalt
Das Gesetz macht es Eltern leichter, Elternzeit und Teilzeitarbeit zu kombinieren. Das Elterngeld Plus ist seit dem 1. Januar 2015 in Kraft und betrifft Eltern von Kindern, die seit dem 1. Juli 2015 geboren wurden bzw. werden. Durch das Elterngeld Plus haben Eltern künftig mehr Wahlmöglichkeiten beim Elterngeld, denn sie können ihre staatliche Förderung während der Elternzeit aus drei Elementen kombinieren: Basiselterngeld, Elterngeld Plus sowie Partnerschaftsbonusmonate.
Das Elterngeld Plus ist dabei eine Erweiterung des Basiselterngelds. In Teilzeit arbeitende Eltern haben nun die Option ihren monatlichen Elterngeldanspruch zu mindern, den Betrag aber dafür über einen doppelt so langen Zeitraum beziehen. Dabei bleibt die schon zuvor bestehende Anspruch auf zwei zusätzliche Bezugsmonate Elterngeld bestehen. Insgesamt können in Teilzeit arbeitende Eltern mit der Neuregelung also statt 12 +2 bis zu 24 +4 Elterngeld-Monate beziehen. Wenn sich beide Elternteile dazu entscheiden gleichzeitig in Teilzeit zu arbeiten um die Betreuung des Kindes partnerschaftlich zu teilen, gibt es einen Partnerschaftsbonus, von diesem sind auch Alleinerziehende mit gemeinsamem Sorgerecht nicht ausgeschlossen. Zudem ist es möglich bis zu 24 Monate der Elternzeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes zu nehmen.
Bewertung des Gesetzes
Die Jury begründet die Vergabe des Legislativ-Preises für die Einführung des Elterngeld Plus wie folgt:
Zum einen anderen bietet das Elterngeld Plus einen Schonraum für junge Familien. Diese haben die Möglichkeit, sich im ersten und zweiten Lebensjahr ihres Kindes voll und ganz auf die Familie zu konzentrieren.
Zum anderen werden Eltern mit der Einführung des Elterngeld Plus in ihren Vorstellungen von einer partnerschaftlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf unterstützt. Das neue Gesetz sorgt für eine stärkere soziale sowie finanzielle Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern. Sowohl Mütter als auch Väter erhalten die Möglichkeit, sich die Zeit für Arbeit und Familie partnerschaftlich zu teilen. Vor Eintritt des Elterngeld Plus haben vor allem Frauen, die frühzeitig wieder in den Beruf zurückgegangen sind, weniger Geld erhalten.
Durch die Möglichkeit auch bis zu 24 Monate Elternzeit zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes nehmen zu können, wird auch die Schulzeit der Kinder berücksichtigt. Damit werden faire Chancen für die Generation der Kinder im Schulalter geschaffen.
Das Gesetz sorgt für eine Abschwächung der Benachteiligung junger berufstätiger Eltern im Vergleich zu älteren Arbeitnehmern und stellt somit eine generationengerechte Maßnahme dar. Auch aus familien- und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten ist das Elterngeld Plus sinnvoll, denn ein früherer und umfassenderer Erwerbseinstieg von Müttern kann langfristige Lohn- und damit verbunden auch Renteneinbußen verhindern. Die neue Regelung schenkt jungen Familien mehr Planungssicherheit und unterstützt sie so in der Zeit der Familiengründung.
Negativ-Preis: Generationenungerechtestes Gesetz
In der Kategorie „Ungerechtestes Gesetz für Generationen“ ist die Rente mit 63 trauriger Sieger. Der Umstand, dass bei der Bundestagswahl 2017 erstmals mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten über 55 Jahre alt sind, hat die Große Koalition zu kostenintensiven Wahlversprechen verleitet, zum Beispiel bei der Einführung der Rente mit 63.
Der Inhalt
Wer 45 Jahre Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt hat, kann seit dem 1. Juli 2014 ab Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Abzüge die Altersrente für besonders langjährig Versicherte, die abschlagsfreie Rente ab 63, in Anspruch nehmen. Zuvor konnte diese abschlagsfreie Altersrente erst nach Vollendung des 65. Lebensjahres bezogen werden. Wer früher in Rente gehen wollte, musste in der Regel für jeden Monat des Rentenbezugs vor der Regelaltersgrenze 0,3 Prozent Kürzungen bei der Rente in Kauf nehmen. Diese „Rente mit 63“ können Versicherte in Anspruch nehmen, die bis zum 31.12.1952 geboren wurden. Für die Jahrgänge ab 1953 steigt das Renteneintrittsalter stufenweise auf 65 Jahre an. Außerdem wurden die Anspruchsvoraussetzungen geändert, sodass Zeiten von Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung auf die Rente angerechnet werden können.
Bewertung des Gesetzes
Aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales heißt es: „Mit der abschlagsfreien „Rente ab 63″ werden die Menschen belohnt, die mit ihrer Lebensarbeitsleistung das Rentensystem stützen. Es werden diejenigen in den Blick genommen, die ihr Arbeitsleben bereits in jungen Jahren begonnen und über Jahrzehnte hinweg durch Beschäftigung, selbständige Tätigkeit und Pflege sowie Kindererziehung ihren Beitrag zur Stabilisierung der gesetzlichen Rentenversicherung geleistet haben.“
Das klingt zunächst einmal gerecht. Wieso auch sollten Menschen, die besonders hart und besonders lange gearbeitet haben nicht belohnt werden? Schließlich sollen unsere Großeltern und Eltern ihren Ruhestand genießen dürfen.
In den letzten Jahren stieg die Lebenserwartung in Deutschland durchschnittlich um 2,5 Jahre pro Jahrzehnt. In den letzten Jahrzehnten stieg die Zahl der „gesunden Jahre“ sogar noch stärker als die Lebenserwartung insgesamt und alle Prognosen gehen von einer weiteren Zunahme aus. Heute, bei einer auf mehr als 80 Jahre gestiegenen Lebenserwartung, erreichen die Deutschen ein tatsächliches Renteneintrittsalter von 64 Jahren. In der Vergangenheit verbrachten Individuen 12 Jahre (15 Prozent) ihres Lebens im Ruhestand. Heute sind es schon 17 Jahre bzw. 21 Prozent ihrer Lebenszeit. Auf der einen Seite steht also eine immer längere Ruhestandsphase – immer mehr Menschen erhalten länger Rente und immer weniger Menschen zahlen in die Rentenkasse ein. Auf der anderen Seite wird das Rentenalter gesenkt.
Eine immer längere Ruhestandsphase lässt die Kosten für die jeweilige erwerbstätige Generation steigen und führt zu einem Ungleichgewicht im Umlageverfahren. Langfristig, wenn die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in den Ruhestand gehen, wird die Rentenversicherung mit deutlich mehr Ausgaben belastet, als für die Zukunft gut ist. Eine milliardenteure Maßnahme, die angesichts der steigenden Lebenserwartung in Deutschland unverständlich bleibt und künftige Generationen teuer zu stehen kommen wird.
Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen kürt das Gesetz „Rente mit 63“ mit dem Legislativ-Preis der 18. Legislaturperiode in der Kategorie „Ungerechtestes Gesetz für zukünftige Generationen“.
Die symbolische Preisverleihung und Diskussion der Entscheidung fand im Rahmen eines Pressgesprächs am
29. August 2017 in der Bundespressekonferenz statt. Laden Sie hier dazugehörige Informationsmaterialien runter.
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Legislativ-Preis 2013
Die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen verlieh zum Beginn der neuen Legislaturperiode 2014 erstmals den Legislativ-Preis für Generationengerechtigkeit. Die Auszeichnung ging an das Gesetz zum Atomausstieg, das 2011 beschlossen wurde.
Positiv-Preis: Generationengerechtestes Gesetz
Der schon seit den 1970er Jahren breit geforderte Atomausstieg führe Deutschland „in eine ökologisch nachhaltigere, sichere und generationengerechtere Zukunft“, so die Begründung der Jury. „Das Atomausstiegsgesetz ist eine langfristige Investition in Technologien, die vor allem den kommenden Generationen zugute kommen.“
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Der Inhalt
Am 30. Juni 2011 stimmte der Bundestag mit großer Mehrheit (82,7%) dem Atomausstiegsgesetz zu. SPD, CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen stimmten fast einstimmig dem Entwurf zu. Allein Die Linke sprach sich dagegen aus.
Deutschland steht nach mehreren Jahrzehnten intensiver Debatten über die Rolle der Atomenergie vor der Befriedung eines gesellschaftlichen Konflikts, der die politische Auseinandersetzung in der Bundesrepublik über Generationen hinweg geprägt hat. Mit Beginn der ersten Protestmärsche in den 1970er Jahren hat sich die „Atomdebatte“ von einer energiepolitischen oder -wirtschaftlichen Technologieentscheidung hin zu einer politischen Gewissensfrage gewandelt. Vor diesem Hintergrund erscheint es umso erstaunlicher, dass die Entscheidungen zur „Energiewende“ und der endgültige deutsche Atomausstieg zum Jahr 2022 als Folge des Reaktorunfalls von Fukushima am 11. März 2011 von einer Koalitionsregierung aus CDU, CSU und FDP besiegelt wurden – drei Parteien, die wenige Monate zuvor noch eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher
Atomkraftwerke beschlossen hatten.
Bewertung des Gesetzes
Der deutsche Gesetzgeber ist mit dem Ausstieg aus der Atomenergie einen evidenten Schritt für mehr Generationengerechtigkeit gegangen. Nach dem Reaktor-Unglück in Fukushima im März 2011 vollzog die schwarz-gelbe Bundesregierung eine fundamentale Wendung ihrer bisherigen Energiepolitik. Als Begründung dieses
politischen Paradigmenwechsels nannte die Bundesregierung die nicht abschätzbaren Risiken von Naturkatastrophen für den sicheren Betrieb von Atomreaktoren.
Derartige Risiken könnten auch in Deutschland nicht restlos ausgeschlossen werden. Die Katastrophe in Japan
mit ihren nach wie vor nicht völlig absehbaren Folgen mache es notwendig, die Restrisiken der Kernkraft neu zu
bewerten. Das eingesetzte Moratorium begründete den Atomausstieg vor allem als eine gesellschaftliche Grundsatzentscheidung zur zukünftigen Deckung der Energieversorgung aus erneuerbaren Quellen. Die wichtigsten
Ziele sind die Stärkung des wirtschaftlichen Fundaments durch den technologischen Fortschritt, die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie der Schutz des
Klimas. Die Vollständige Bewertung ist hier zu finden.

Preisverleihung
Die Preisverleihung für generationengerechte Gesetze fand am 8. April 2014 in den Räumlichkeiten der Humboldt Viadrina School of Governance in Berlin am Vorabend des Trialogs Energiewende statt. „Der Preis ist eine außergewöhnliche Gelegenheit, über die Zukunft ins Gespräch zu kommen“, so Gesine Schwan in ihrem Grußwort.
Bettina König von der Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen würdigte das Atomausstiegsgesetz in ihrer Laudatio als ein weg- und zukunftsweisendes Gesetz für heute lebende und kommende Generationen. Deutschland gehe damit als Staat und Industriestandort einen mutigen und einmaligen Weg. Das Gesetz sei ein Schritt nach vorne in eine sicherere und umweltfreundlichere Zukunft und reduziere Belastungen für kommende Generationen.
Der Legislativ-Preis wurde stellvertretend von jungen Abgeordneten der vier Fraktionen des Bundestages in Empfang genommen. Als Repräsentanten der jungen Generation soll ihnen mit diesem Preis mit auf dem Weg gegeben werden, sich in der kommenden Wahlperiode für eine generationengerechte Politik einzusetzen. Steffen Kanitz MdB (CDU/CSU), Mahmut Özdemir MdB (SPD), Clara Herrmann (Die Grünen, MdA Berlin) und Diana Golze MdB (Die Linke) nahmen die Preisverleihung zum Anlass, für die Bedeutung der Energiewende zu werben.
Der Abend klang dank vieler großzügiger Sponsoren bei einem Empfang mit nachhaltigem Buffett und Getränken in netter Atmosphäre aus. Mehr dazu in einem Bericht im Tagesspiegel.
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